9 märchenhafte Reiseziele in Deutschland

Zwischen Schlössern, mittelalterlichem Fachwerk und dichten Wäldern erwachen jahrhundertealte Geschichten zum Leben. Wir stellen neun besonders stimmungsvolle Märchen-Schauplätze in ganz Deutschland vor. 
Text Mila Krull
Datum17.09.2025

Mit ihren gesammelten Überlieferungen legten die Brüder Jacob und Wilhelm Grimm im 19. Jahrhundert den Grundstein des deutschen Märchenwesens. Bis in die Neuzeit gelten die historischen Sagen rund um die Rapunzel, Froschkönig und Aschenputtel in westlichen Ländern als bedeutende kulturelle Referenz. Wenn auch mittlerweile oft neu interpretiert, haben viele Figuren und Geschichten bis in die Moderne überdauert. 

Viele deutsche Landstriche gelten mit ihren Schlössern, Wäldern und mittelalterlichen Wohnhäusern als Märchenkulisse. Gegenden wie das pfälzische Rheinufer oder der Norden Hessens sind kulturgeschichtlich fest mit der Kunst des Erzählens verbunden. 

Merian stellt neun bedeutende Märchen-Reiseziele in Deutschland vor und gibt Tipps für besondere Ausflüge.

1

Oberes Mittelrheintal, Rheinland-Pfalz

Die Burg Maus im Mittelrheintal bei Sankt Goarshausen

Gut 130 Meter ragt ein im wahrsten Sinne sagenumwobener Schieferberg bei Sankt Goarshausen in den Himmel. Unmittelbar an das Rheinufer grenzt der Loreleyfelsen, dessen Name auf einer literarischen Figur beruht. Im 19. Jahrhundert schuf Clemens Brentano die Figur der „Lore Ley“, eine Flussnixe, die über dem Rheinufer thront und vorbeireisende Schiffsleute mit ihrer Schönheit und ihrem Sirenen-Gesang betört. Neben Brentano widmeten sich weitere Gründer und Vertreter der Rheinromantik der hiesigen Landschaft, Kultur und Geschichte und legten den Grundstein für den bis heute andauernden Tourismus. Im Oberen Mittelrheintal entstanden in den vergangenen 30 Jahren zahlreiche Aussichtspunkte, eine Freilichtbühne, ein Besucherzentrum und Freizeitangebote wie eine Rodelbahn, Schiffstouren und Wanderungen, die sich auf die literarischen Spuren der Rheinromantik begeben.

Tipp: Zwischen Köln und Mainz verkehrt regelmäßig die Mittelrheinbahn, die unter anderem an der Burgruine Drachenfels, der Stadt Koblenz und dem Loreleyfelsen vorbeifährt. Durch die großen Panoramafenster können Fahrgäste entspannt die Aussicht auf die märchenhafte Landschaft genießen.

welterbe-mittelrheintal.de

2

Kassel und Umland, Hessen

Der drittgrößte Stausee Deutschlands: der Edersee am nördlichen Kellerwald

Keine andere Region in Deutschland ist derart mit Märchen verwoben wie das nördliche Hessen. Nicht von ungefähr stammt der Slogan „GrimmHeimat“, der seit 2009 das touristische Profil der Gegend schärft. Zwar stammen die berühmten Sprachwissenschaftler Wilhelm und Jacob Grimm aus dem mehr als 200 Kilometer entfernten Hanau, ein Großteil ihres Werkes entstand jedoch inmitten der Natur- und Kulturlandschaft rund um Kassel. Über Jahre trugen die Brüder hier volkstümliche Geschichten und Märchen zusammen, oft inspiriert vom vulkanischem Basaltstein und mystischen Hölzern wie dem Kellerwald. Als ebenso besondere Kulisse dienen bis heute die Schlösser und Burgen der Region. Sehenswert sind zum Beispiel die Löwenburg von Kassel und das Schloss Berlepsch, in dem heute ein Restaurant sowie ein Hotel untergebracht sind. 

Übrigens: Kassel und andere Schauplätze reihen sich an die touristische Route Deutsche Märchenstraße, die auf den Spuren alter Geschichten von Hanau über Hann. Münden, die Weser flussabwärts nach Bremen und schließlich bis ins norddeutsche Buxtehude führt.

grimmheimat.de

3

Hameln, Niedersachsen

Mittelalterliche Atmosphäre herrscht in den abendlichen Straßen von Hameln.

Auch die niedersächsische Stadt Hameln liegt an der Märchenstraße, die passende Geschichte nennt den Ort sogar explizit in ihrem Namen. Fachwerk und mittelalterliche Gebäude wie die Kirche St. Nicolai und die Pfortmühle bilden eine charmante Kulisse für märchenhafte Ausflüge. Weniger schön hingegen ist das Ereignis aus dem Jahr 1284, auf dem die Legende rund um den Rattenfänger von Hameln basieren soll. 

Tatsächlich lassen historische Quellen vermuten, dass die düstere Geschichte um den Gaukler, der statt der Mäuse und Ratten die Kinder der Stadt entführte, auf einen wahren Kern zurückzuführen ist. Welche Ursachen das plötzliche Verschwinden von mehr als 100 Jungen und Mädchen gehabt haben könnte, wie sich die überlieferten Hinweise deuten lassen und wie die Legende Stadt und Region nachhaltig geprägt hat, zeigt das Stadtmuseum von Hameln in einer lokalgeschichtlichen Ausstellung. Passenderweise befindet sich das Museum selbst in einem schmucken Renaissancehaus der Altstadt. 

museumhameln.de

4

Bremen

Das berühmteste Wahrzeichen der Stadt: die vier Bremer Stadtmusikanten.

Wer dem Weserlauf und der Märchenstraße weiter gen Norden folgt, landet schließlich in Bremen. Von ihrer schönsten Seite zeigt sich die alte Hansestadt in ihrem Zentrum innerhalb der Wallanlagen. Hier finden sich Sehenswürdigkeiten wie der Marktplatz samt Roland-Statue und 600 Jahre altem Rathaus, die Böttcherstraße, die für ihre typisch norddeutsche Backsteinarchitektur bekannt ist, das Schnoor-Viertel sowie der imposante Dom aus dem 11. Jahrhundert. Weniger auffällig, dafür umso bekannter, ist die Bronzeskulptur an der Nordseite des Rathauses. 

Das Werk von Gerhard Marcks zeigt die ikonischen Bremer Stadtmusikanten und mit ihnen die vier Tiere, die dem Märchen zufolge einst Richtung Hansestadt aufbrachen. Welch kulturelle Bedeutung ihre Geschichte auch heute noch innehat, zeigt sich an den polierten Hufen des Esels: Dem Aberglauben nach soll es Glück bringen, seine Vorderbeine zu berühren – ein Brauch, dem viele Besucher nicht widerstehen können. 

5

Brocken, Sachsen-Anhalt

Auch wenn sich kein niedergeschriebenes Märchen explizit im Harz abspielt, so sprüht das deutsche Mittelgebirge wahrlich vor Sagen und Legenden. Neben der atmosphärischen Kulisse, die mit ihren Wäldern und Bergen reichlich Futter für unzählige Geschichten bietet, pflegt die Region eine lange Erzähltradition. Im Mittelpunkt steht dabei nicht selten der berühmteste Gipfel der Gegend: der Brocken, der volkstümlich auch als Blocksberg bezeichnet wird. 

Ob in Fausts Walpurgisnachttraum oder als Schauplatz der modernen Kinderfigur Bibi Blocksberg – über Generationen finden der Berg und der umliegende Harz Einzug in die deutsche Literatur- und Kulturgeschichte. Als Inspirationsquelle und zugleich beliebte Ausflugsziele gelten das Schloss Wernigerode, das schiefe Fachwerk und der Stiftsberg von Quedlinburg sowie der Hexentanzplatz von Thale.

6

Schwarzwald, Baden-Württemberg

Wohl kaum eine deutsche Region ist im Ausland so bekannt wie der „Black Forest“. Das mag zum einen an Exportschlagern wie der Schwarzwälder Kirschtorte und der Kuckucksuhr liegen, zum anderen trägt eine gute Portion Fiktion und Fantasie zum Ruf des dunklen Waldes bei. Obwohl es keinen gesicherten Nachweis dafür gibt, hat sich die Landschaft des Schwarzwaldes mit ihren dichten Tannenwäldern, den Tälern und rustikalen Holzhäusern als Inspirationsquelle für manch düsteres, deutsches Märchen etabliert. 

Gut vorstellbar, dass man bei einem Waldspaziergang dem Blumen pflückenden Rotkäppchen begegnet. Oder, dass sich hinter der nächsten Biegung das Zuckerhäuschen der Hexe verbirgt. Wer seiner Fantasie noch mehr Futter liefern will, begibt sich auf den Themenwanderweg „Das kalte Herz“, der am Baumwipfelpfad in Bad Wildbad beginnt und sich auf die Spuren des gleichnamigen Märchens begibt. 

treetop-walks.com/schwarzwald

7

Burg Hohenzollern, Baden-Württemberg

Burg Hohenzollern inmitten der Schwäbischen Alb

Auf dieser Burg dürfte sich manch königliches Ereignis abgespielt haben: Seit dem 13. Jahrhundert dient der Berggipfel als Sitz des Adelshauses Hohenzollern. Die heutige Anlage wurde im Laufe des 19. Jahrhunderts auf Geheiß von König Friedrich Wilhelm IV. errichtet. Zwar trat die Burg nie explizit als Schauplatz eines Märchens in Erscheinung, ihr prächtiger Anblick inmitten der stimmungsvollen Schwäbischen Alb und geheimnisvoller Orte wie der Schatzkammer tragen jedoch dazu bei, dass ihr ein märchenhaftes Flair beiwohnt. 

Gestützt wird dieses von Legenden wie der der Weißen Frau, deren Geist einst mehreren Familienmitgliedern erschienen sein soll. Besonders atmosphärisch sind übrigens die vielen Veranstaltungen auf Burg Hohenzollern: Von Kindertagen über Nachtwanderungen und Shakespeare-Tage bis hin zum beliebten Weihnachtsmarkt lockt ein buntes Programm. 

burg-hohenzollern.com

8

Schloss Neuschwanstein, Bayern

Das Schloss aller Schlösser: Neuschwanstein

Wenngleich es sich weder um ein mittelalterliches Bauwerk noch um einen Märchenschauplatz handelt, gilt das bayerische Neuschwanstein national und international als das Märchenschloss schlechthin. Davon zeugen diverse popkulturelle Anspielungen wie beispielsweise die Schlösser in den Disneyfilmen Cinderella und Die Schöne und das Biest sowie die Nutzung als Kulisse für Produktionen wie Schneewittchen (1955). Als Bauherr fungierte Bayerns König Ludwig II., der bis heute den Spitznamen „Märchenkönig“ trägt. 

Zurückzuführen ist die Bezeichnung sowohl auf seine Passion für Musik, Kunst und Literatur als auf seine grenzenlose Fantasie, mit der er die Burgenrenaissance des 19. Jahrhunderts auf die Spitze trieb. Zinnen, Türme, Erker und Fenster schmücken die prächtige Anlage von außen, von innen wirken die thematisch gestalteten Prunkräume an einigen Stellen nahezu kulissenhaft. Trotz aller Exzentrik zählt das Schloss mit mehr als 1,4 Millionen Besuchern jährlich zu den Top Drei der beliebtesten Sehenswürdigkeiten in Deutschland. 

neuschwanstein.de

9

Schloss Moritzburg, Sachsen

Thront auf einer Insel inmitten einer künstlich angelegten Teichlandschaft: das sächsische Schloss Moritzburg.

Anders als Neuschwanstein lässt sich der Bau des sächsischen Schlosses Moritzburg tatsächlich um einige Jahrhunderte zurückdatieren. Entstanden ist die prächtige Anlage bereits im 16. Jahrhundert und gilt mit ihren massiven Türmen bis heute als Paradebeispiel des schmucken Barocks. Über Epochen hinweg nutzten Fürsten und Mitglieder der Königsfamilie die Anlage als Jagdsitz. Weitere bedeutende Barockbauten der Region rund um Dresden sind das Fasanenschlösschen und das Schloss Pillnitz. Als Märchenkulisse ist aber vor allem das Wasserschloss Moritzburg bekannt, das in den 1970er als Drehort des beliebten Weihnachtsfilms Drei Haselnüsse für Aschenbrödel diente. Noch heute finden geführte Touren, Konzerte und Veranstaltungen rund um das Märchen statt.

schloss-moritzburg.de