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Natur

Der Beerenberg auf Jan Mayen: Vulkanismus im hohen Norden

Er ist der weltweit nördlichste noch aktive Vulkan: der Beerenberg auf der norwegischen Insel Jan Mayen. Merian nimmt Sie mit zum Feuerberg inmitten unberührter Natur.

Datum 01.10.2023

Eine schneeweiße Gletscherlandschaft breitet sich rund um den 2.777 Meter hohen, von schwarzem Vulkangestein gezeichneten Beerenberg aus. Gleichzeitig finden sich auf der Insel Jan Mayen seltene, gefährdete Tierarten wie Papageientaucher und Eisbären. Umso besser also, dass auf der zu Norwegen gehörenden, Grönland aber viel näheren Insel kaum Menschen leben und die Natur hier größtenteils sich selbst überlassen wird. Seit 2010 ist das Eiland überwiegend als Naturschutzgebiet ausgewiesen, der Besuch unterliegt strengen Regelungen.

Wie Sie den Beerenberg trotzdem erkunden können – und was diesen Vulkan so einzigartig macht – lesen Sie hier. 

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Wo ist der Beerenberg?

Beerenberg auf Jan Mayen © IMAGO/agefotostock
Der Beerenberg macht den gesamten nördlichen Teil der Insel Jan Mayen aus.

Der Beerenberg, oft auch als „Bärenberg“ bezeichnet, befindet sich auf Jan Mayen. Die Insel gehört in politischer und administrativer Hinsicht zu Norwegen, liegt aber auf der Grenze zwischen dem Europäischen Nordmeer und der Grönlandsee. Damit ist sie rund 900 Kilometer vom norwegischen Festland entfernt. Die Entfernung zwischen Jan Mayen und Island beträgt nur rund 550 Kilometer, von Grönland aus müssen etwa 500 Kilometer zurückgelegt werden. Der Beerenberg bildet den gesamten nördlichen Teil von Jan Mayen und wird von einer beeindruckenden Gletscherlandschaft umrahmt. 

Jan Mayen: Insel im Europäischen Nordmeer

Jan Mayen ist einer der am dünnsten besiedelten Orte weltweit. Die 373 Quadratkilometer große Insel wurde erst im 17. Jahrhundert entdeckt. Gleichzeitig liegt Jan Mayen in einer tektonischen Bruchzone, zwei Teile des mittelatlantischen Rückens treffen hier aufeinander.

Welche Art von Vulkan ist der Beerenberg?

Der Beerenberg liegt in einer Hotspot-Gegend und gilt als Stratovulkan. Er ist, vom Meeresgrund aus, ganze 5.000 Meter hoch. Verschiedene Krater, Gipfel und Gletscher formen den Berg aus Feuer und Eis. Größtenteils besteht der Beerenberg aus Gletschern, rund 113 Quadratkilometer groß ist die Eiskappe. Sein höchster Gipfel heißt Haakon VII Topp.

Ist der Beerenberg noch aktiv?

Blick auf den Beerenberg vom Wasser aus (Vulkan auf Jan Mayen) © IMAGO/Panthermedia
Der Beerenberg ist noch immer aktiv, gilt aber als relativ ungefährlich.

Der Beerenberg gilt zwar als relativ ruhig, doch auch dieser Vulkan brach in den letzten Jahrhunderten mehrfach aus – aufgrund der dünnen Besiedelung ringsherum ohne katastrophale Konsequenzen. Nachdem er 1614 entdeckt worden war, hielten Forschende diesen Vulkan zunächst für erloschen. Doch ein Hamburger Kapitän namens Jacob Jacobsen Laab wurde im Jahr 1732 Zeuge eines Ausbruchs bei einer Expedition auf Jan Mayen: Der Beerenberg warf so viel Asche aus, dass sie auch noch rund 24 Kilometer entfernt niederging. Bei diesem Vulkanausbruch entstand die Insel Eggøya. 

Heute ist Eggøya eine Halbinsel. Wissenschaftler:innen gehen davon aus, dass die Landzunge, die Eggøya mit Jan Mayen verschmelzen ließ, beim Vulkanausbruch im Jahr 1818 entstanden ist. Der Ausbruch des Beerenbergs war recht harmlos, die ausgestoßenen Rauchwolken erreichten aber immerhin eine Höhe von etwa 1.200 Metern. 

Forschende gehen heute außerdem davon aus, dass es Mitte des 19. Jahrhunderts einen weiteren Ausbruch gab. Die angefertigten Kartographien verschiedener Expeditionsteams, die zu Beginn und zum Ende des 19. Jahrhunderts vor Ort waren, unterschieden sich deutlich voneinander: Der Küstenabschnitt Kokssletta scheint sich in der Zwischenzeit gebildet zu haben – wahrscheinlich bei einer erneuten größeren Eruption.

Wann ist der Beerenberg das letzte Mal ausgebrochen?

Der letzte größere Ausbruch des Beerenbergs begann am 18. September 1970 und dauerte mehrere Monate, bis der Vulkan im Frühling 1971 zur Ruhe kam. Angestoßen wurde der Ausbruch wohl von einem vorausgegangenen Erdbeben, woraufhin sich eine rund sechs Kilometer lange Eruptionsspalte öffnete. Die ausgestoßenen Lavafontänen erreichten eine Höhe von etwa 200 Metern; gleichzeitig schufen Lavaströme, die ins Meer flossen, neue vulkanische Landschaft auf einer Fläche von vier Quadratkilometern. Bei diesem Ausbruch verschob sich auch die Küstenlinie von Jan Mayen in einem Bereich. 

1985 folgte dann die bis heute letzte festgestellte Eruption – sie dauerte gerade einmal zwei Tage.

Gefahr durch den Beerenberg

Die Gefahr, die vom Beerenberg ausgeht, ist recht gering. Ringsherum leben rund 20 Wissenschaftler:innen auf der hiesigen Forschungsstation, manchmal sind auch Mitglieder des Militärs vor Ort. Der Vulkan wird daher gut überwacht, größere Eruptionen können somit sehr gut antizipiert werden.

Verschiedene Forschungsteams unternahmen in der Vergangenheit bereits eine Reise nach Jan Mayen, einige davon bestiegen sogar den Beerenberg. So zum Beispiel James Wordie, der mit fünf weiteren Männern zu den ersten Menschen gehörte, die den Vulkan im Jahr 1921 bestiegen. US-amerikanische Geologen, norwegische Forschende und der britische Bergsteiger Noel Odell taten es ihnen gleich und erklommen in den darauf folgenden Jahrzehnten den Beerenberg. 

Reisende können Jan Mayen und den Beerenberg ebenfalls nur im Zuge einer Expeditionsreise erkunden – am besten mit dem Schiff. Verschiedene Anbieter passieren bei einer Kreuzfahrt durch den Nordatlantik zahlreiche Natursehenswürdigkeiten in Norwegen und Umgebung, einige von ihnen legen auch auf Jan Mayen an. Schon von Weitem erkennen Schiffsreisende den 2.777 Meter hohen Gipfel namens Haakon VII Topp, den höchsten Teil des Beerenbergs.

Bei den meisten Expeditionen ist jedoch keine Besteigung des Vulkans geplant, sondern nur die Besichtigung anderer Sehenswürdigkeiten auf Jan Mayen – wobei der Beerenberg natürlich, zumindest auf der Nordhälfte, stets zu sehen ist. Eine Wanderung erfordert sehr viel Erfahrung und Bergsteiger-Expertise. Außerdem ist sie wegen der schwierigen Witterungsbedingungen nur an wenigen Tagen im Jahr überhaupt möglich. Wer die anspruchsvolle Expedition auf den Beerenberg trotzdem wagen möchte, braucht eine offizielle Genehmigung. Doch auch ohne Vulkanwanderung bietet die Insel mit ihren atemberaubenden Landschaften und der einzigartigen Natur zahlreiche Gründe für einen Besuch.

Anbieter für eine Beerenberg-Expedition

Wer trotzdem an einer Expedition interessiert ist, kann diese zum Beispiel bei „Oceanwide Expeditions“ buchen. Im Jahr 2024 führt dieser Veranstalter zwei Expeditions-Kreuzfahrten mit Zwischenstopp auf Jan Mayen durch:

  • 12-tägige Expedition mit Start in Vlissingen (Niederlande) und Ende in Longyearbyen (Spitzbergen, Norwegen), ab 4.150 Euro
  • 10-tägige Expedition mit Start in Aberdeen (Schottland) und Ende in Longyearbyen (Spitzbergen, Norwegen), ab 3.850 Euro

Bei diesen Expeditionen besuchen Reisende auf Jan Mayen die Wetterstation und die Überreste einer niederländischen Walfangstation, wobei sie immer wieder durch die Vulkanlandschaft wandern. 

Auch „Hurtigruten“ bietet zu ausgewählten Terminen jeweils 13-tägige Expeditions-Kreuzfahrten nach Jan Mayen an. Derzeit sind sie jedoch ausgebucht (Stand: September 2023). 

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