© VFKA/iStock
Sehenswürdigkeiten

Bastia: Korsikas spannende Hafenstadt

Wer am Hafen von Bastia mit der Fähre andockt, bleibt meist nicht lang. Doch hinter ihren blätternden Fassaden hat die charmante Stadt auf der Insel Korsika weitaus mehr zu bieten.

Datum 12.04.2023

Ob Architektur gelungen ist, entscheiden am Ende die Bürger:innen einer Stadt. Im Falle von Bastia auf der französischen Insel Korsika fällt die Abstimmung mit den Füßen eindeutig aus: „Jeder liebt die neue Promenade“, sagt der Stadtführer Jean-Pierre Defendini.

Warum, verrät schon ihr korsischer Name: „Aldilonda“ heißt der neue Gehweg, „über dem Meer“. Einen knappen halben Kilometer weit schlängelt er sich entlang der Festungsmauer, seine Betonplatten ruhen auf Stahlträgern, die in die Uferfelsen gebohrt wurden. Zeitgemäß im rostigen Look belassene Stahlstäbe säumen die Promenade und geben den Blick frei aufs glitzernde Türkis darunter. Eine Erkundungstour durch Korsikas unterschätzte Hafenstadt Bastia

Auch interessant: 

Hafenstadt Bastia: Geheimtipp auf Korsika

Eine Fähre dockt am Hafen von Bastia auf Korsika an. © IMAGO / Westend61
Hier landen die Reisenden an: Der Fähranleger am Hafen von Bastia

Selbst an einem gewöhnlichen Dienstag ist einiges los. Jogger:innen jeden Alters traben vorbei, Mütter schieben ihre Kinderwagen, Rennradler:innen und Jugendliche auf Elektro-Tretrollern überholen. Manche wollen zum kleinen Sandstrand Ficaghjola, wo sich schon am Vormittag die Familien drängen. Andere fahren weiter bis in die südlichen Stadtviertel, wo sich das Stadion des stolzen SC Bastia erhebt und die Stadt in einer endlosen Reihe von Einkaufscentern und Outlets, Fabriken und Lagerhallen ausläuft.

„Bastia ist bisher keine touristische Stadt“, sagt Defendini. Zwar kommen jedes Jahr mehr als zwei Millionen Passagier:innen mit den Fähren vom Festland in Livorno, Savona und Genua im Hafen an. „Aber die meisten Urlauber fahren gleich durch den Tunnel nach Süden, zu den großen Stränden.“

Nun aber bewirbt sich Bastia um den Titel als Europäische Kulturhauptstadt 2028. Mehr Festivals, gute Hotels und ausgebildete Guides sollen Gäst:innen in die Stadt locken. Und natürlich soll Bastia auch hübscher werden – besonders am Vechju Portu.

Neuer Glanz für Bastia: Das Ausgehviertel Vechju Portu

Blick auf den alten Hafen von Bastia © alxpin/iStock
Blick auf den alten Hafen von Bastia auf Korsika

„Der alte Hafen war ein vergessenes Viertel“, sagt Defendini. Selbst in erster Reihe, am Hafenbecken mit seinen Segelbooten und kleinen Motorjachten, verfallen fensterlose, fleckige Ruinen. Aus ganz Korsika kamen früher die Menschen, um sich hier im Hafenviertel zu amüsieren. „Die kommunistische Résistance gegen die Italiener und Deutschen war hier sehr stark“, sagt Defendini. Der Hafen wurde deshalb bombardiert.

Nun aber soll der Vechju Portu wieder zum Ausgehviertel werden. Vor die bröckelnden Fassaden wurde in den vergangenen Jahren eine Reihe von Pavillons aus Glas und Stahl gesetzt. Schicke Schilder über den Markisen preisen Sushi, Tapas, Burger und Vinotheken an.

In zwei kleinen Gebäuden ist ein neues maritimes Museum geplant. Und bald sollen die Parkplätze rings ums Hafenbecken einer Fußgängerzone weichen. „Die Anwohner sind aber total dagegen“, sagt Defendini.

Die Geschichte von Bastia: Eine zweigeteilte Stadt

Die Église Saint-Jean-Baptiste ist das Wahrzeichen von Bastia © IMAGO / agefotostock
Blick auf die St. Jean Baptiste-Kirche in Bastia

Bastia war lange strikt zweigeteilt: Auf einem felsigen Hügel sitzt die Festung der Genues:innen aus dem 14. Jahrhundert, die Bastiglia, die der Stadt ihren heutigen Namen gab. Zusammen mit der umgebenden Zitadelle mit ihren engen Gassen wurde sie Terra Nova genannt. Zu ihren Füßen reihten sich die Häuser der korsischen Bauern und Fischer rings um den alten Hafen: die Terra Vecchia.

„Die Genuesen und Korsen mischten sich lange nicht“, erzählt Defendini, während er die Steintreppe zur Église Sainte-Marie hinauf steigt. Die Kathedrale aus dem späten 15. Jahrhundert schwelgt im Genueser Barock, zur Messe gingen hier nur die Beamten und Soldaten der Besatzer. „Korsen kamen hier nicht rein“, sagt Defendini.

Die Einheimischen bauten sich deshalb auf der anderen Seite des alten Hafens eine noch größere Kirche, die barocke Église Saint-Jean-Baptiste. Ihre Doppeltürme sind heute das Wahrzeichen der Stadt.

Mit dem Fahrstuhl die Terra Nova erkunden

Umstrittenes Design: Der Fahrstuhl „Mantinum“ verbindet Ober- und Unterstadt von Bastia. © IMAGO / PanoramiC
Mit dem Fahrstuhl in die Oberstadt: Das Mantinum

„Früher war es schwierig, von der Terra Vecchia in die Terra Nova zu spazieren“, sagt Defendini. Zwar wurde 1873 die Escalier Romieu vollendet, eine schöne Freitreppe. Doch ihre steilen Stufen sind nicht für jeden machbar. Deshalb entschied die Stadtverwaltung, einen neuen Zugang für Ältere oder Tourgruppen vom alten Hafen hinauf zur Terra Nova zu bauen. Mantinum wurde das 3,5 Millionen Euro teure Projekt genannt, wie die römische Stadt, auf deren Fundamenten Bastia steht.

Unübersehbar ist vor allem der neue Aufzug: Wie ein Raumschiff sticht seine scharfe Betonkante aus dem Felshang, auf dem Sträucher und Agaven wuchern. Der grobporige, in Braun- und Grautönen gestreifte Sichtbeton wurde aus dem Gestein der Klippen gemischt, poliertem Schiefer und Cipollino-Marmor.

„Die brutalistische Architektur soll modern sein, aber sich in das Ensemble der Zitadelle einfügen“, erklärt Defendini. Das Fachmagazin „D'Architectures“ zeichnete das Projekt als eines der elf besten des Jahres 2020 in Frankreich aus. Die Reaktion der Einwohner:innen dagegen sei gemischt gewesen, sagt Defendini: „Manche kritisierten, dass es aussehe wie ein Bunker. Anderen gefällt es.“

Das Projekt, von den gleichen Architekt:innen entworfen wie die Promenade, soll Ober- und Unterstadt verschmelzen. Wer den Aufzug nimmt oder die Treppe durch den steilen Bogengang empor steigt, tritt oben hinaus in ein Amphitheater aus Beton: das Théâtre de Verdure, zu Deutsch „Theater im Grünen“.

Tipp für Bastia: Auszeit im Jardin Romieu

Die Treppen Escalier Romieu führen in die Oberstadt von Bastia © VFKA/iStock
Verbindet die zweigeteilte Stadt: Die Escalier Romieu in der Altstadt von Bastia

Bisher sei das Theater noch nicht so beliebt wie die Promenade, sagt Defendini. Konzerte finden eher nebenan im Innenhof des Gouverneurspalastes statt, der heute das Stadtmuseum ist. Aber die offene Freifläche hat durchaus Potenzial. An diesem Morgen trainieren ein Vater und sein Sohn im Amphitheater unermüdlich Stufenlaufen, Urlauber:innen fotografieren sich oben auf der Terrasse mit Meerblick.

Wem es hier im Sommer zu heiß wird, der flüchtet sich am besten gleich unterhalb in den Jardin Romieu – einen kleinen botanischen Garten, der im 19. Jahrhundert an den Hängen unter der Festung angelegt wurde.

„Für uns Bastiais ist das immer noch ein verrufener Ort, wo Jugendliche Joints rauchen und sich nachts Verliebte treffen“, sagt Defendini. Nun aber wurde der Müll weggeräumt, die verwinkelten Treppen und Wege sind neu gepflastert. Und Metallschilder erklären die Namen der Bäume und Sträucher: Granatapfelbaum, Judasbaum, Japanischer Spindelstrauch.

Die mächtigen Schirmpinien würde selbst der botanische Laie ohne Schild erkennen. In ihrem Schatten sitzt man zur Siestazeit auf einer Bank, genießt die Brise und schaut hinüber zum kleinen Leuchtturm, wo Jugendliche in neonbunten Shorts von der Kaimauer springen. Und denkt: Gar nicht so übel, dieses Bastia.

Bastia: Anreise per Fähre und Wetter

Per Zug nach Livorno, Genua, Savona, Nizza oder Toulon, wo Fähren nach Korsika starten. Aus mehreren deutschen Städten gibt es Direktflüge nach Bastia.

Frühling und Herbst sind für einen Urlaub auf der Insel optimal. Im Sommer ist das Wetter auf Korsika oft sehr heiß und in den französischen Ferien sind viele Unterkünfte ausgebucht. 

Über Sehendwürdigkeiten, Aktivitäten und Unterkünfte in der historischen Hafenstadt informieren „Visit Corsica“ sowie „Bastia Tourismus“.

– Florian Sanktjohanser, dpa

Das könnte Sie auch interessieren

© Franck Tomps/LVAN
Städtereisen
Die neuen Wege von Nantes

Nantes, die alte Hauptstadt der Bretagne, liegt heute offiziell gar nicht mehr innerhalb der Grenzen. Doch die Stadt an der Loire hat sich zu einer der spannendsten in ganz Frankreich gemausert. Unsere Auswahl an besonderen Sehenswürdigkeiten für Ihren Streifzug.

© Mila Krull
Sehenswürdigkeiten
Ausflüge auf Mallorca: 5 Geheimtipps am Wegesrand

Historische Holzzüge, verborgene Höhlenlandschaften und Naturparadiese: Die Insel Mallorca hat so viel mehr zu bieten als Strände und überfüllte Ortschaften. Wir zeigen Ihnen fünf ganz besondere Ausflüge auf Mallorca.

© IMAGO/onw-images
Städtereisen
Kunst, Kultur und Kulinarik: Highlights in Schwäbisch Hall

Pittoreske Fachwerkhäuser am Kocher, hübsche Cafés und Restaurants, die auf schwäbische Spezialitäten einladen, und ganz viel Kunst und Kultur: Die Stadt Schwäbisch Hall hat viel mehr zu bieten als ihr Ruf verspricht.

© Peter Hirth
Städtereisen
Sehenswürdigkeiten in Magdeburg: 10 Highlights an der Elbe

Bei einem Besuch in Magdeburg führt kein Weg an Dom und Elbufer vorbei. Doch die Hauptstadt von Sachsen-Anhalt hat noch einiges mehr zu bieten. Ein Überblick der schönsten Sehenswürdigkeiten.