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Sehenswürdigkeiten

Mailänder Dom: Die besondere Geschichte hinter dem Meisterwerk

Ausgestattet mit edlem Marmor und mehr als 3.000 Statuen ist er ein besonderes Highlight der europäischen Baukunst: der Dom in Mailand.

Datum 15.11.2023

In der späten Abendsonne glänzt die Jungfrau Maria so golden, als leuchte sie von innen. Sie thront auf ihrem Turm hoch über dem Kirchendach des Mailänder Doms – die Madonnina, wie jeder hier die Statue liebevoll nennt. Bewacht wird sie von hunderten Statuen zu ihren Füßen, die in lockerer, doch exakter Reihe steinern in den Dunst von Mailand starren. 

Furchterregende Fabeltiere, sadistische Henkersknechte, vor allem aber betende, sinnende und leidende Heilige. Sie bilden die Mehrheit der rund 3.400 Statuen ab, auf und im Duomo di Milano. Er ist nach dem Petersdom und den Kathedralen von Córdoba und Sevilla die viertgrößte Kirche der Christenheit. 

Wir verraten Ihnen alles Wissenswerte rund um den Mailänder Dom – von architektonischen Besonderheiten bis hin zu den Öffnungszeiten und Eintrittspreisen.

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Was wird im Mailänder Dom aufbewahrt?

Innenansicht Mailänder Dom, Kirchenschiff © iStock/benedek
Der Mailänder Dom beherbergt zahlreiche spannende Reliquien und Schätze.

Neben Tausenden von Statuen beherbergt der Mailänder Dom eine außerordentliche Besonderheit: Besucher:innen können hier über die Reliquie des Heiligen Nagels staunen, angeblich Überbleibsel der Kreuzigung Christi. Außerdem befindet sich im Domschatz eine Silberkapsel des Heiligen Ambrosius; dieser erhielt sie im 4. Jahrhundert vom damaligen Papst.

Wer ist im Mailänder Dom begraben?

Natürlich gibt es auch Gräber im Duomo di Milano. Carlo Borromeo und Gian Giacomo Medici sind hier beispielsweise begraben.

Die Statuen im Mailänder Dom: Ein Gruselkabinett

Unter all den Statuen im Mailänder Dom sind die Märtyrer:innen in ihren grausigen Todeskämpfen am eindrucksvollsten. Da hängt ein gepeinigter Christ kopfüber in züngelnden Flammen, da werden einem Heiligen bei lebendigem Leib die Gedärme aus dem Bauch gezogen, da schaut ein Todgeweihter ergeben auf den Mühlstein, der ihn gleich in die Tiefe ziehen wird. 

Besucher:innen laufen mit klickenden Kameras durch dieses Gruselkabinett des Glaubens. Besonders hoch in der Gunst des Publikums: die Geißelungsgruppe auf der Bronzetür des Hauptportals. Die Waden des Folterknechts und das Knie des gequälten Jesus glänzen blank poliert von Hunderttausenden von Händen. Sie anzufassen soll Glück und Segen bringen. 

Und dann ist da noch die Statue des heiligen Bartholomäus, vor dem die Besucher:innen mit erhobenen Smartphones stehen. Nackt und bloß ziert er das Querschiff des Mailänder Doms, jeder Muskel, jede Sehne überdeutlich sichtbar. Man hat ihm die Haut abgezogen – und diese trägt er geradezu salopp wie einen Umhang über den Schultern. 

Die jüngste, noch strahlend weiße Statue ist die des seliggesprochenen Priesters und Antifaschisten Don Carlo Gnocchi. Einige der anderen Steinfiguren neueren Datums haben selbst bei wohlwollender Betrachtung wenig mit der christlichen Heilsgeschichte zu tun. Irgendwo im Gewimmel der 3.400 Statuen versteckt sich noch immer Benito Mussolini. Nach seinem Sturz 1943 wurde dem faschistischen Diktator lediglich ein Turban zur Tarnung verpasst. Die Bildnisse des Dirigenten Arturo Toscanini oder des italienischen Boxweltmeisters Primo Carnera sind im Vergleich dazu nur leicht absonderliche Ausrutscher.

Die Legende rund um den Dom von Mailand: Auf Wunsch des Teufels

Mailänder Dom, Außenansicht © iStock/JaCZhou
Ein Traum aus Marmor und Stein: der Mailänder Dom.

Ausgerechnet dem Teufel verdanken die Mailänder:innen ihr Gotteshaus. Der stand, so die Legende, in einer kalten Winternacht des Jahres 1386 am Bett des Stadtherrn Gian Galeazzo Visconti. Er hatte, wie es sich gehört, rot glühende Augen, stank nach Schwefel und forderte den schreckensbleichen Fürsten auf, in seinem Namen eine Kirche mit Abbildern teuflischer Geister und Dämonen zu errichten. Andernfalls würde er sich Viscontis Seele schnappen und für dessen ewigen Aufenthalt in der Hölle sorgen. Bangen Herzens eilte Visconti unverzüglich zum Bischof, um den Bau eines neuen Doms anstelle der eher bescheidenen Hauptkirche Santa Maria Maggiore auf den Weg zu bringen. 

Trotz der teuflischen Drohungen aber wurde die neue Kathedrale der Jungfrau Maria geweiht – hoffentlich ohne höllische Folgen für den Stifter. 1386 nahm die Dombauhütte als „Veneranda Fabbrica“, zu Deutsch „Ehrwürdige Werkstätte“, ihre Arbeit auf. Für den Zweck des Dombaus überließ Visconti der Dombauhütte die Marmorsteinbrüche im gut hundert Kilometer entfernten Candoglia, nahe dem Lago Maggiore, zur ewigen Nutzung. Tonnenschwere Steinblöcke wurden auf Lastkähnen über das Kanalsystem der Navigli nach Mailand gebracht, wo sie Handwerker aus ganz Europa in Empfang nahmen.

Mailänder Dom: Architektur und Bauzeit des Meisterwerks

Blick vom Dach des Mailänder Doms auf die Piazza del Duomo © iStock/dovapi
Blick vom Dach des Mailänder Doms auf die Piazza del Duomo

Bis zur Errichtung des Mailänder Doms hatte man in Italien meist romanisch gebaut. Doch der neue Stil der Zeit hieß Gotik und wurde vor allem nördlich der Alpen gepflegt. Visconti rief die besten Baumeister und Steinmetze aus Böhmen, Flandern, Deutschland und Frankreich in die Lombardei – und die begeisterten die Mailänder:innen für das gigantische Gotteshaus im neuen Stil. Selbst Notare, Advokaten und Richter, heißt es, schleppten und meißelten den weißen Marmor

Und auch die Liebesdamen von Mailand trugen mit Gebeten und einem Zehntel ihres Liebeslohns zur Kathedrale bei. Obwohl es den Gläubigen im Lauf der Zeit bisweilen an der nötigen Ehrfurcht vor dem Gotteshaus mangelte. „Zwei Seiteneingänge wurden um 1600 wieder zugemauert“, erzählt Federico Pizzi, Kunsthistoriker der Veneranda Fabbrica. „Denn die Mailänder benutzten den Quergang zwischen den beiden Portalen als bequeme Abkürzung, rumpelten mit Pferd und Wagen durch das Kirchenschiff und trieben sogar ihr Vieh durch das Gotteshaus.“ Dessen Bau schritt währenddessen nur langsam voran. Noch heute kennt man in Mailand die Redensart: „È lungo come la fabbrica del Duomo“ – „Das geht schon so lange wie die Domwerkstatt“. Die Renaissance kam, gab dem Dom seine fünf großen Portale und ging.

Duomo di Milano: Barock- und Rokoko-Elemente

Nach der Renaissance und ihren fünf großen Portalen verzierte der Barock den Innenraum mit opulenten Altären, Kanzeln und Grabmälern, und der Rokoko setzte die vier Meter große und vergoldete Madonnina aufs Dach. Als Napoleon sich 1805 in der Kathedrale zum König von Italien krönen ließ, war sie immer noch nicht fertig. Schluss jetzt, befahl der neue Herrscher, seine Krönungskirche solle nun schnellstens im gotischen Stil vollendet werden. 1813 setzte man schließlich den letzten Stein auf die strahlende Fassade. 

„Trotzdem werden die Arbeiten am Dom nie zu Ende sein“, sagt Pizzi heute, mehr als 600 Jahre nach Baubeginn. „Fialen, Statuen, Glasmalereien, einfach alles muss fortwährend ersetzt werden.“ Denn der Kathedrale setzen ihr Alter, die hohe Luftverschmutzung und nicht zuletzt die U-Bahn heftig zu. Deren Linie 1 rauscht in nur sechs Metern Tiefe direkt unter dem Kirchenschiff entlang und lässt den Marmor im Drei-Minuten-Rhythmus gefährlich erbeben. 

In der Veneranda Fabbrica wird deswegen weiterhin fleißig gemeißelt. Die meisten Statuen sind längst schon akribische Kopien, angefertigt von einem Team internationaler Steinmetz:innen – die Originale stehen im Museum neben dem Mailänder Dom. „Unsere Aufgabe ist heute die Erhaltung des Doms, Neues kommt außer ein paar Heiligen unserer Tage nicht mehr dazu“, erklärt Pizzi.

Mailänder Dom: Sponsor:innen gesucht

Die Restauration ohne Ende verschlingt auch Geld ohne Ende. Schon das Ersetzen eines einzigen Marmortürmchens auf dem Dach kostet etwa zwei Millionen Euro. Sponsor:innen werden dringend gesucht: Seit 2012 hat die Aktion „Adotta una Guglia“ („Adoptiere eine Turmspitze“) Hunderte von Kleinanleger:innen dazu bewogen, für den Dom zu spenden. Institutionen wie die Zeitung Corriere della Sera oder auch die Fußballfans Südkurve San Siro haben erhebliche Summen beigetragen. Und Großsponsor:innen von Mercedes bis Samsung werben an den Baugerüsten.

Wie hoch ist der Mailänder Dom?

Der Mailänder Dom misst 108 Meter. Auf 166 Stufen geht es für Besucher:innen hinauf aufs Dach der Kirche, von wo aus sich ein atemberaubender Ausblick über das Stadtzentrum ergibt. Alternativ können Sie auch den Fahrstuhl nehmen. 

Der Dom von Mailand: Woran sich die Geister scheiden

Schon lange vorher, als noch keine Smartphone-Reklamen zwischen den Spitzbögen über riesige Bildschirme zuckten, haben sich an der prallen Fülle des Doms die Geister geschieden. Goethe nannte ihn „einen ganzen Marmorberg (...) in die elendsten Formen gezwungen“. Der spanische Dichter Vicente Blasco Ibáñez schwärmt hingegen: „Ein Wunderwerk der gotischen Kunst, weiß, blendend, gespickt mit schlanken Fialen, die wie von den Alpen heruntergefallene Eiszapfen anmuten.“ 

Am besten hält man es beim Staunen mit Heinrich Heine: „Im mitternächtlichen Mondschein (...) kommen all die weißen Steinmenschen aus ihrer wimmelnden Höhe herabgestiegen (...), gehen mit einem über die Piazza und flüstern einem alte Geschichten ins Ohr.“

Was kostet der Eintritt in den Mailänder Dom?

Wer den Mailänder Dom besuchen will, sollte vorab online ein Ticket sowie Zeitfenster buchen. Besucher:innen können aus mehreren Ticketangeboten wählen. Das günstigste Ticket, bei dem neben dem Dom auch das anschließende Museum inkludiert ist, kostet 8 Euro (ermäßigt 4 Euro). 

Wer auch noch die Dachterrasse besuchen möchte – was sehr empfehlenswert ist – zahlt 16 Euro (ermäßigt 8). 

Auch Kombitickets sind erhältlich. Mit dem Kulturpass Plus haben Reisende Zugang zum Dom, dem Dommuseum, dem Archäologischen Museum, der Kirche San Gottardo und zur St. Charles Kypta. Der Kulturpass kostet 13 Euro (ermäßigt 6,50 Euro).

Öffnungszeiten des Mailänder Doms

Der Dom sowie das Museum sind von Montag bis Sonntag zwischen 9 und 19 Uhr geöffnet. Am Mittwoch hat das Museum geschlossen. 

Wichtig: Je nach Wetterlage kann der Zugang zum Dach eingeschränkt oder komplett gesperrt sein. Dies gilt vor allem bei Schnee, Glätte oder starkem Wind. Hunde dürfen die Kirche nicht betreten.

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