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Städtereise

La Ville Rose: Sehenswürdigkeiten und Geheimtipps in Toulouse

Romantische Cafés, edle Hotels, kreative Handwerker-Workshops und zukunftsorientierte Themenparks: Toulouse ist so schön wie vielseitig. MERIAN verrät die besten Geheimtipps.

Text Julia Macher
Datum 14.07.2023

Bescheidenheit ist eigentlich eine angenehme Eigenschaft. Aber in Toulouse wirkt sie fehl am Platz. Als „La Ville Rose“ bezeichnet sich die Stadt an der Garonne. Dabei taucht das Nachmittagslicht die Backsteinfassaden nicht in ein zart-zurückhaltendes Rosarot, sondern in ein leuchtendes Orange-Rot. Passt ja auch viel besser zur strahlenden Hauptstadt Okzitaniens. Auf halbem Weg zwischen Mittelmeer und Atlantik, mit den Pyrenäen in Sichtweite, trifft südeuropäische Lebenslust auf wissenschaftlichen Elan, eine dynamische Wirtschaftsmetropole auf jahrtausendealte Geschichte. Und beides fließt ganz selbstverständlich zusammen.

Etwa, wenn am Kai vor der streng klassizistischen Basilika Notre Dame de la Daurade Student:innen aus aller Welt ihre Füße in den Fluss baumeln lassen und ein fröhliches Kauderwelsch aus Englisch, Französisch und deinem halben Dutzend anderer Sprachen durch die Luft schwirrt. Oder am Abend, wenn in der Altstadt Kellner:innen ihre Tabletts über kopfsteingepflasterte Straßen balancieren, und die Tischgäst:innen ihr angeregtes Gespräch über Zukunftstechnologien und -märkte dann gern für ein andächtiges „Aah“ und „Ooh“ unterbrechen. 

Wir nehmen Sie mit nach Toulouse – und verraten, wo es am schönsten ist.

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Toulouse als zukunftsorientierte Stadt: Cité de l’Espace

Replik der Ariane-5-Rakete in der Cité de l’espace © IMAGO/imagebroker
Hier zu sehen: die Replik der Ariane-5-Rakete in der Cité de l’espace.

In keiner anderen europäischen Stadt arbeiten mehr Angestellte und Wissenschaftler:innen der Luft- und Raumfahrttechnik als in Toulouse. Allein beim Giganten Airbus sind es 27.000, dazu kommt ein Geflecht aus 400 größeren und kleinen Firmen. Das prägt: Während andere Städte ihr Selbstverständnis immer noch in erster Linie aus Geschichte, Kultur und Tradition ziehen, hat Toulouse sein Portfolio längst erweitert.

Seit 25 Jahren weist eine 55 Meter hohe Replik der Ariane-5-Rakete den Weg in die „Cité de l’espace“. Diese „Weltraumstadt“ ist eine Mischung aus Erlebnispark und Wissenschaftsmuseum und mit 6,8 Millionen Besucher:innen bisher eine der Hauptattraktionen. Mit einer begehbaren Raumstation, IMAX-Kino, Planetarium und 4.000 Quadratmetern Ausstellungsfläche gehört der Weltraumpark zu den Toulouse-Klassikern. Die Workshops und Shows machen komplexe physikalische Phänomene verständlich. Wer es gegenständlicher mag, bewundert echtes Mars- und Mondgestein. 

Luftfahrt als wichtiger Tourismuszweig

Im Südosten, am ehemaligen Flughafen, hat die Stadt ihr erlebnisorientiertes Portfolio erweitert: Während in „La Halle de la Machine“ die beweglichen Riesenfiguren der Theaterkompagnie La Machine bewundert und auf der ehemaligen Startpiste regelmäßig ausgeführt werden, huldigt „L’Envol des Pionniers“ direkt gegenüber den französischen Flugzeugpionier:innen, die über ein paar Ecken den Weg für Airbus mit vorbereitet haben. Im Norden der Stadt, unweit des Hauptsitzes des europäischen Flugzeugherstellers, können Flugbegeisterte im Luftfahrtmuseum „aeroscopia“ in einer echten Concorde Platz nehmen oder ins Innere einer A330 kraxeln. Auch Werksführungen sind möglich.

Die Altstadt von Toulouse

Altstadt von Toulouse mit Basilika Saint-Sernin © iStock/agafapaperiapunta
Wer durch die Altstadt von Toulouse schlendert, sieht die Basilika Saint-Sernin über den Häusern aufragen.

Toulouse ist nicht erst seit der Moderne eine Ingenieurstadt. Bereits im Mittelalter beeindruckte die dem Stadtmärtyrer Saint Sernin geweihte Basilika die Pilger:innen auf dem Jakobsweg, die hier Zwischenstation machten. Die Kirche mit den doppelten Seitenschiffen und dem 21 Meter hohen Gewölbe ist eine größten romanischen Sakralbauten Europas. Von der historischen Bedeutung der Stadt zeugt auch der Jakobiner-Konvent. Toulouse war eines der Zentren des vom Papst mit dem Kampf gegen die Katharer beauftragten Dominikanerordens. Die Klosterkirche mit der schlichten Backsteinfassade und dem erhabenen Palmetten-Pfeiler im Innern illustriert architektonisch die Strenge der Glaubensbrüder. Sehr viel heiterer und entspannter geht es auf dem Place du Capitole zu, dem weitläufigen, von Arkaden umringten Platz vor der 135 Meter langen Fassade des Rathauses. Auf der anderen Seite des Gebäudes, an der Place de Gaulle, befindet sich das Tourismusamt der Stadt.

Die andere Garonne-Seite

Blick auf die Garonne in Toulouse © iStock/lurii buriak
Das linke Ufer der Garonne wird oft unterschätzt, beide Ufer sind jedoch einen Ausflug wert.

Kein Wunder, dass Toulouse beständig wächst. Etwa 20.000 Neubürger:innen kommen jährlich dazu. So viele Menschen brauchen Platz. Den finden sie inzwischen vor allem auf der anderen Garonne-Seite, gegenüber der Altstadt. Jahrhundertlang war das etwas tiefer liegende Ufer allem vorbehalten, was schmutzt und stinkt und lärmt: Hospitälern, Schlachthöfen, Gerbereien und Kasernen. Seit einem guten Jahrzehnt entwickelt sich das Viertel rasant. Der ehemalige Schlachthof ist heute das „Les Abattoirs Musée“, eine sehenswerte Kunsthalle. Und die Munitionsfabrik, die dem Viertel La Cartoucherie den Namen gab, verwandelt sich zum Kunst- und Kulturzentrum.

Kulinarische Geheimtipps: Die besten Restaurants und Cafés in Toulouse

Molette

Kein Wunder, dass man sich hier schon nach ein paar Minuten wie zuhause fühlt. Das schnuckelige Altstadtrestaurant hat gerade mal acht Tische, von jedem sieht man das Wirtspaar in trauter Harmonie in der offenen Küche werkeln. Serviert werden drei wechselnde Menüs, die Zutaten stammen alle aus der Region und natürlich ist alles hausgemacht – vom knusprigen Sauerteigbrot bis zum Nachtisch!

Monsieur Georges

Serrano-Schinken, frittierte Garnelen und Kroketten: Die Nähe zu Spanien sieht man der Speisekarte an! Aber auch französische Spezialitäten serviert „Monsieur Georges“ im Tapas-Format, zum Probieren, Teilen oder Sich-gegenseitig-vom-Teller-Stibitzen. Dazu gibt es von der großen Terrasse einen Premiumblick auf das Treiben an einem der schönsten Altstadtplätze.

L’Air de famille

Der Besuch lohnt schon wegen der hübsch nostalgischen Keramikbilder an den Wänden und dem charmant dudelnden Plattenspieler. In Erinnerung bleibt „L’Air de famille“ vor allem wegen der exzellenten, raffiniert zubereiteten französischen Küche. Serviert wird, was auf der Menütafel steht. Dafür ist die Auswahl beim Wein umso größer.  

Grand Café Le Florida

Seit 1874 ist diese Brasserie das erste Haus am Platz – und dafür gibt es viele gute Gründe: von den Logenplätzen unter den Arkaden über das spektakuläre Art-Déco-Glasdach bis zu den ungewöhnlichen, aber köstlichen Eiskreationen von Philippe Faur – etwa Trüffeleis. Ohne einen Besuch im „Grand Café Le Florida“ ist der Toulouse-Besuch nicht perfekt. 

Die besten Hotels in Toulouse

Wer mag, kann den Höhenflug quasi im Schlaf fortsetzen. Das noble „Hotel du Grand Balcon“ an der Place du Capitole beherbergte einst die französischen Flugzeugpionier:innen. Das Zimmer 23, in dem einst Antoine Saint Exupéry nächtigte, ist original erhalten. Zentral und komfortabel logiert man im „Hôtel Mercure Toulouse Centre Saint-Georges“, mit netter Bar in der Lobby und kleinem Pool auf einer Zwischenetage.

Kunsthandwerk in Toulouse

Das Schauspiel fasziniert heute noch so wie vor 600 Jahren: Das Tuch, das aus dem Sud gezogen wird, verfärbt sich an der Luft von Gelb zu Grün zu Blau – und wird seinen intensiven Blauton nie mehr verlieren. Die Pflanze Isatis Tinctoria, auch bekannt als Färberwaid oder Deutsche Indigo, begründete einst den Reichtum Okzitaniens. Jahrhundertelang wurden mit dem aus den zerstoßenen und fermentierten Blättern der Pflanze gewonnenen Farbstoff Kleider gefärbt, Wände getüncht und Bilder gemalt. Bis zunächst das billigere tropische Indigo, dann chemische Produkte die Pflanzenfarbe verdrängten. Als in den 1990er Jahren das belgisch-US-amerikanische Ehepaar Lambert nach Toulouse zog, war es so fasziniert von der alten Handwerkskunst, das es einen Großteil seiner Zeit und seines Vermögens in seine Wiederbelebung steckte. 

Auch Annette Hardouin ging bei den Lamberts zur Schule. Die Textildesignerin hat im Herbst 2022 in der Altstadt die Boutique „AHPY“ eröffnet, in der sie leger geschnittene Blusen, weit fallende Kleider und Halstücher aus von ihr gestalteten Stoffen verkauft. Nach Jahrzehnten in Paris hatte die Modedesignerin genug von der grauen Großstadt. Sie zog nach Toulouse, auf der Suche „nach einem blaueren Himmel“ – und fand ihre Lieblingsfarbe im Färberwaid, der Pastellpflanze, die rund um Toulouse blüht. 

Ein paar Schritte weiter, bei „Maison du Pastel“, gibt es Malkreiden in allen Blauschattierungen und eine eigene Kosmetiklinie. Auf Wunsch organisiert der Laden auch Führungen durch das Pastell-Museum und Färbe-Workshops im nahen Labège.

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