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Natur

Höga Kusten: Schwedens schönster Küstenabschnitt

Die Höga Kusten ist zweifelsohne einer der schönsten Orte in ganz Schweden. Unberührte Landschaft trifft auf charmante kleine Weiler – mit Blick auf die Ostsee.

Datum 15.08.2023

450 Kilometer nördlich von Stockholm liegt ein auf dem Globus einzigartiger Ort. Nirgendwo geht die Landhebung schneller vor sich als an der Höga Kusten, der „hohen Küste“ von Schweden. Seit 2000 zählt die Höga Kusten, an die sich nur selten deutsche Tourist:innen verirren, zum Weltnaturerbe. Natursehenswürdigkeiten wie der Skuleberget und die verschiedenen Wanderwege zum Gipfel, aber auch Bauten wie die Brücke Högakustenbron gehören zu den vielen Highlights im Nationalpark an der Höga Kusten. Wer noch mehr Kultur aufsaugen möchte, kann einen Ausflug auf die hübsche Insel Ulvön machen.

Wir nehmen Sie mit an die hohe Küste Schwedens und geben Infos zu Sehenswürdigkeiten, Unterkünften und Wanderungen. 

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Highlights an der Höga Kusten: Schlucht Slåttdalsskrevan

Für einen Augenblick geistert einem der Gedanke ans Aufgeben durch den Kopf. Die Holzbohlen, die zu Beginn noch über butterweichen, mit Moosen und Farnen gespickten Waldboden führten, ließen einen Spaziergang vermuten. Doch das entpuppte sich als falsche Fährte. Mit jedem Meter, den sich der Rundweg durch den schwedischen Nationalpark Skuleskogen an der Ostsee weiter nach oben schraubt, wird das Terrain herausfordernder.

Gewaltige Baumstümpfe, vom letzten Wintersturm gefällt, erschweren das Weiterkommen; ein wild geknüpftes Netz aus Wurzeln zwingt zu höchster Aufmerksamkeit. An der Ostflanke des Slåttdalsberget wartet das größte Hindernis: ein schier endloses Feld aus glatt geschliffenem Geröll, das in einem steilen Kamin endet. Hier sind große Balancierkünste gefragt.

Die Schufterei wird mit der größten Attraktion des Skuleskogen belohnt: mit der Schlucht Slåttdalsskrevan, in der angeblich Trolle und Riesen hausen und wo einst Räuber ihr Unwesen trieben.

Bis zu 40 Meter türmen sich die steil aufragenden Felswände aus rotem Granit beiderseits des schmalen Schlunds auf, an dessen Grund es selbst an heißen Sommertagen angenehm kühl ist. Man kann es sich kaum vorstellen, doch über dieses steinerne Meer schwappte einst die Ostsee und die Brandung brach sich an den Granitklippen.

Nationalpark Skuleskogen: Wie Schwedens Küste geformt wurde

Skuleskogen-Nationalpark mit Blick auf die Ostsee © IMAGO/Panthermedia
Der Skuleskogen-Nationalpark schenkt immer wieder atemberaubende Ausblicke auf die Ostsee.

Der Skuleskogen-Nationalpark ist wie ein gigantisches Geografie-Schulbuch. Es erzählt, wie Inlandeis, Landhebung und Erosion Schwedens Küste geformt haben und weshalb diese imposante Landschaft 450 Kilometer nördlich der Hauptstadt Stockholm am Bottnischen Meerbusen seit 2000 zum Weltnaturerbe zählt.

Denn hier an der Höga Kusten – der „hohen Küste“ – ist die Landhebung noch lange nicht abgeschlossen. „Um acht Millimeter wächst der Landstrich jedes Jahr, mehr gibt es an keinem anderen Ort der Welt“, sagt Verkehrsamtsleiterin Anna Hellgren.

Auf den glatt geschliffenen Felsen, wo man nicht nur Hunde, sondern auch Kinder lieber an die Leine nehmen sollte, zeigt sich der ganze Zauber dieses Küstenabschnitts zwischen den drei Orten Härnösand, Kramfors und Örnsköldsvik. Deutsche Tourist:innen kommen eher selten hierher. Den meisten ist schlicht der Weg zu weit zu diesem Küstenabschnitt, der ein wenig an Norwegens Fjordlandschaft erinnert – mit dem Unterschied, dass die Berge der Höga Kusten kaum die 300-Meter-Marke erreichen.

Die Golden Gate Bridge von Skandinavien

Högakustenbron, Brücke an der Hohen Küste Schwedens © iStock/Marcus Lindstrom
Die Högakustenbron ist der amerikanischen Golden Gate Bridge nachempfunden.

Winzige Inseln grüßen aus den Weiten des Bottnischen Meerbusens. Wasserarme schlängeln sich tief ins Land. Klitzekleine Dörfer mit einer Hand voll Holzhäuser verstecken sich zwischen Wäldern und mit Wildblumen übersäten Wiesen.

In den Sommermonaten erwachen die Dörfer zum Leben, wenn Karawanen aus Wohnmobilen über die Högakustenbron rollen, die der Golden Gate Bridge nachempfunden wurde. Oder wenn Jachten in den malerischen Häfen von Barsta oder Bönhamn anlegen.

Einst waren beide Orte arme Fischerdörfer, deren Bewohner:innen kaum genug zum Überleben hatten. Heute residiert zahlungskräftige Kundschaft in den aufgemöbelten Fischerhütten, wo das Anschlagen der Ostseewellen die müden Bewohner:innen in den Schlaf begleitet.

Höga Kusten: Das Land hebt sich stetig

Während der jüngsten Eiszeit war die Eisdecke im Gebiet der Höga Kusten bis zu drei Kilometer dick. Durch das immense Gewicht dieser Schicht wurde das Land stetig nach unten gedrückt – Berechnungen zufolge rund 800 Meter.

Als das Eis vor rund 20.000 Jahren zu schmelzen begann, setzte die entgegengesetzte Bewegung ein: Der Druck verringerte sich und der Boden begann sich zu heben. Dieser Prozess dauert noch immer an.

Der Skuleberget, auf den 1732 Carl von Linné „kroch, robbte und sich von Stein zu Stein zog“, wie der berühmte schwedische Naturforscher schrieb, hat mittlerweile die 295 Meter geknackt. Und wer in 1.000 Jahren das Prachtstück mit seiner Moränenkappe besucht, wird einen veritablen Dreihunderter vorfinden.

Höga Kusten: Wandern auf den Skuleberget

Skuleberget an der Höga Kusten in Schweden © IMAGO/Pond5 Images
Blick auf den Skuleberget an der Höga Kusten in Schweden

„Kein Wald ist so wild wie der Skuleskogen“, schwärmte die schwedische Schriftstellerin Kerstin Ekman über den Zauberforst im Nationalpark, wo es dunkle Klammen, verwunschene Seen und glasklare Bäche gibt. Doch der Skuleberget, der wie ein Monolith über dem Landstrich thront, ist nicht weniger wild.

Ganze Heerscharen machen sich morgens auf, um den Gipfel über den östlichen und südlichen Bergpfad zu erklimmen. Die beiden Wanderwege hinauf sind zwar nur je 2,5 Kilometer lang, von der Länge sollte man sich aber nicht täuschen lassen. Es geht über Fels und Stein, durch nasse Senken und blühendes Heidekraut. Die Anstiege sind schweißtreibend.

Die ganz Sportlichen wagen sich an den Grottstigen, den „Höhlenpfad“, dessen Leitern fast senkrecht in Richtung Gipfel führen, oder nehmen – ausgerüstet mit Helm und Klettergurten – die verschiedenen Routen der Via Ferrata in Angriff, den Klettersteigen an den Felswänden des Skuleberget.

Egal, welchen Weg man genommen hat: Oben angekommen gibt es für alle eine typische schwedische Fika, also eine kurze Pause mit Kaffee und Zimtschnecke, im Gipfelcafé „Toppstuga“ – gekrönt vom schönsten Panorama der Höga Kusten.

Die Gefahr, in dem Café zu versumpfen, ist angesichts der astronomischen Preise für Bier und Wein zwar nicht allzu groß, doch manche:r Aufsteiger:in fährt dennoch lieber mit der Seilbahn herunter.

Ausflugstipp in Schweden: Ulvön vor der Höga Kusten

Hafen von Ulvön, Luftaufnahme © iStock/stockphoto52
Ein Besuch der Insel Ulvön ist ein Highlight bei der Reise.

Wer schwedische Sommerfrische pur erleben möchte, muss mit dem Boot nach Ulvön fahren. Dabei handelt es sich um zwei Inselzwerge vor der Höga Kusten, die nur durch ein schmales Wasserband getrennt sind. Die meisten Tourist:innen steigen in Norra Ulvön aus, wo die einzige Siedlung liegt. Vierzig Einwohner:innen halten es hier draußen das ganze Jahr über aus; in den Sommermonaten, wo es um 2 Uhr nachts noch taghell ist, steigt die Bevölkerungszahl auf ein Mehrfaches an.

Dann ziehen Schwed:innen in die falunroten Holzhäuschen ein, vor denen rote Stockrosen und lila Flieder blühen und um die abends der Duft von Grillwürstchen weht. Dann ist der Hafen voll mit Segelbooten, an deren Heck deutsche, französische oder dänische Flaggen flattern. Tagestourist:innen, die mit der „M/S Kusttrafik“ aus dem Örtchen Docksta gekommen sind, flanieren über die einzige – autofreie – Dorfstraße, besuchen die 400 Jahre alte Kapelle von Ulvön oder klettern Hunderte Stufen zum Lotsenberg hinauf, wo einem die beiden Inselteile zu Füßen liegen.

Kulinarische Besonderheit in Schweden: Surströmming

Surströmming, fermentierter Fisch in Konserven © IMAGO/TT
Die traditionsreiche Mahlzeit namens Surströmming muss mit Vorsicht genossen werden.

Die ganz Mutigen wagen sich an ein sehr spezielles Geschmackserlebnis: Der Surströmming, fermentierter Fisch, ist nichts für Menschen mit einer feinen Nase. Faulig und stinkend sind noch die milderen Beschreibungen für diese Delikatesse, um die sich viele Legenden und noch mehr Schauermärchen ranken.

Tatsache ist: Da Salz früher rar und teuer war, ließen die Fischer:innen den Ostseehering kurzerhand in Fässern mit Salzlake gären. Schwed:innen, die sich vom speziellen Geruch nicht abschrecken lassen, decken sich auf Ulvön mit Konservendosen der traditionsreichen Mahlzeit ein.

Für wagemutige Tourist:innen gibt es vom Verkäufer ein paar Tipps für das Abenteuer auf dem Teller: „Die Konserve beim Anstechen stets schräg halten, damit die Lake nicht auf Klamotten oder Ähnliches spritzt“, rät der Mann im „Lanthandel“, einem der wenigen Geschäfte auf Ulvön. Denn den Gestank bekomme man so schnell nicht wieder los.

Weitere Informationen zur Höga Kusten

Höga Kusten in Schweden, rote Holzhäuser am Ufer © iStock/Uwe Moser
Die hohe Küste Schwedens ist bei Deutschen noch immer ein Geheimtipp.

Reiseziel: Die Höga Kusten liegt etwa 450 Kilometer nördlich von Stockholm und wird durch die Fernstraße E4 erschlossen. Die Region erstreckt sich über 100 Kilometer von Süd nach Nord, ziemlich in der Mitte liegt der Skuleskogen-Nationalpark.

Erleben: Der Skuleskogen-Nationalpark ist über drei Eingänge zu erreichen. In der Hochsaison sollte man früh aufstehen, wenn man noch einen Platz auf den Parkplätzen ergattern möchte. Im Park gibt es 30 Kilometer Wanderwege, Strände sowie Camping-Areale und Schutzhütten zum Übernachten.

Informieren: Zu Füßen des Skuleberget liegt das Infozentrum Naturum, das über Geologie, Geschichte sowie die Fauna und Flora der Höga Kusten informiert. Der Eintritt ist frei. Dort beginnen auch die Wanderwege auf den Gipfel. Nahe des Feriendorfes Friluftsbyn startet die Seilbahn auf den Gipfel.

Sehenswert: Gut 100 Kilometer weiter im Landesinneren, beim Wasserfall von Nämforsen, sind Felsritzungen aus der Jungsteinzeit und der Bronzezeit zu finden – eine der größten Petroglyphen-Konzentrationen in Nordeuropa. Am häufigsten wurden Elche abgebildet. Aber auch Hunde, Menschen, Vögel und Sonnenräder wurden im Stein verewigt.

Übernachten: An der Höga Kusten gibt es Unterkünfte für jeden Geschmack und Geldbeutel. Besonders beliebt sind Ferienwohnungen für Selbstversorger:innen oder Hütten auf einem der zahlreichen Campingplätze. Hotels sind rar. Vor allem in der Hochsaison von Juni bis August steigen die Preise kräftig.

Währung: 10 Schwedische Kronen = 0,84 Euro (Stand: 15. August 2023)

Mehr Auskünfte zu der Region, auch in deutscher Sprache, finden Sie hier.

-Roswitha Bruder-Pasewald, dpa

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