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Sehenswürdigkeiten

Florenz: Geheimes Michelangelo-Zimmer öffnet für Publikum

In der italienischen Renaissance-Metropole Florenz können Reisende ab sofort eine neue Sehenswürdigkeit besuchen. Die Stadt öffnet ein lang verstecktes Zimmer, in dem einst Michelangelo seine Skizzen verewigt haben soll.

Datum 19.11.2023

Lange Zeit lag es in Verborgenheit, nun wird ein vermeintliches Versteck des italienischen Renaissance-Meisters Michelangelo in Florenz der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Der Künstler (1475-1564) soll im Jahr 1530 für rund zwei Monate in dem unterirdischen Zimmer gelebt haben. 

Der nur zehn Meter lange und drei Meter breite Raum liegt innerhalb der berühmten Medici-Grabkapellen von Florenz. Bis 1955 wurde hier vermutlich Kohle gelagert, anschließend geriet das Versteck – unter einer von Möbeln verborgenen Falltür – in Vergessenheit. 1975 wurde das Zimmer zufällig entdeckt, als der damalige Betreiber der Grabkapellen, Paolo Dal Poggetto,  einen weiteren Ausgang für die Besucher:innen der hoch frequentierten Sehenswürdigkeit suchte. Unter zwei Schichten Putz entdeckten Restaurator:innen dann die Sensation.

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Michelangelo-Zimmer: Wertvolle Wandskizzen entdeckt

Zeichnungen im versteckten Michelangelo-Zimmer © IMAGO / ZUMA Press
Der Zugang zum Gewölbe ist streng limitiert.

Wie die Direktorin des zuständigen Bargello-Museums, Paola D’Agostino, mitteilte, befinden sich an den Wänden des Verstecks mehrere feine Kohleskizzen, die niemand Geringerem als Michelangelo zugeschrieben werden. Die wertvollen Zeugnisse der Kunstgeschichte waren bei aufwendigen Restaurationsarbeiten zu Tage gekommen. Mit Spezialwerkzeugen, Pinseln und Skalpellen hatten Expert:innen den Putz von den Wänden entfernt, bis schließlich Dutzende Skizzen zum Vorschein kamen.

Nach den umfangreichen Arbeiten öffnet das Museum das „geheime Michelangelo-Zimmer“ nun für Besucher:innen. Seit dem 15. November 2023 dürfen jeweils vier Personen gleichzeitig für 15 Minuten in die Katakomben treten. Insgesamt ist der Zugang auf 100 Besucher:innen pro Woche limitiert.

Besondere Vorsicht im Geheimzimmer der Medici-Kapellen

Kohleskizzen an der Wand des Michelangelo-Zimmers © IMAGO / ZUMA Press
50 Jahre nach seiner Entdeckung wird das Michelangelo-Zimmer für Besucher:innen geöffnet.

Die empfindlichen Zeichnungen dürfen nicht ständig dem Licht ausgesetzt sein. Zwischen den Besuchsfenstern wird die Beleuchtung des Raumes daher immer wieder vollständig abgeschaltet. Der Besuch im Künstler-Versteck bleibt also etwas ganz Besonderes. 

Viele der Zeichnungen erinnern an die bedeutenden Werke Michelangelos. Ob es sich bei den entdeckten Skizzen tatsächlich um Zeugnisse des Künstlers handelt, ist bis heute umstritten. Bereits kurz nach der Entdeckung des Zimmers 1975 brachte der frühere Betreiber Dal Poggetto die Debatte um die Zeichnungen ins Rollen. Während er selbst fest davon überzeugt war, dass es sich um Originale handelte, lehnten Michelangelo-Gelehrte seine Theorie ab. Stattdessen könnten die Zeichnungen aus der Hand seiner Novizen oder Wegbegleiter stammen. 

Michelangelo: Angst vor den Einflüssen der Medici

Sicher ist: Während des Aufstandes gegen die florentinische Adelsfamilie Medici im Jahr 1527 hatte Michelangelo allen Grund, sich zu verstecken. Die Bankiersfamilie herrschte zuvor drei Jahrhunderte über die Stadt. Ihre Bauwerke, Paläste und Kunstschätze prägen Florenz bis heute. Obwohl die Medici Michelangelo über einen längeren Zeitraum gefördert hatten, fiel er bei der Familie in Ungnade, verriet seine Unterstützer und verbündete sich mit ihren Gegnern.

Als die Familie wenige Jahre später wieder an die Macht kam, fürchtete der Künstler um sein Leben. Zwei Monate lang soll er sich in dem geheimen Zimmer versteckt und hier die Grundlagen für neue Werke geschaffen haben. Nachdem er wieder in Freiheit war, stellte sich heraus, dass Michelangelo nichts zu befürchten hatte. Zunächst nahm er seine Tätigkeiten in Florenz wieder auf, bevor er die Stadt 1534 endgültig verließ und seinen Lebensmittelpunkt nach Rom verlagerte. 

Die Medici-Grabkapellen in Florenz

Die Grabkapellen der Medici (Cappelle Medicee) zählen zu den beliebtesten Sehenswürdigkeiten von Florenz. Um ihre Macht zu demonstrieren, beauftragten die Medici den Architekten Matteo Nigetti mit dem Bau der Kapellen, die Teil der San Lorenzo Kirche sind. In den Grabstätten sind mehrere Familienmitglieder beigesetzt; zudem befinden sich hier bedeutende Kunstschätze, atemberaubende Sarkophage und zahlreiche Skulpturen von Michelangelo.

Die Kapellen sind nicht nur ein Ort der Ruhe, sondern auch Symbol für den Reichtum, die Macht und den kulturellen Einfluss der Medici in Florenz. Der monumentale Charakter der Grabkammer spiegelt die Renaissance-Ideale wider, die die Medici-Familie so stark unterstützte. Der Bau dieser Grabstätte unterstreicht auch die Bedeutung der Familie als Förderer der Künste und Wissenschaften. 

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