© Klaus Bossemeyer
Städtereisen

City-Trips Europa: Zurück in die Weltstädte

2000 Jahre Geschichte, gebündelt in Metropolen, die zu unterschiedlichen Zeiten so etwas wie der Mittelpunkt der Welt waren: Paris, London, Amsterdam, Wien, Lissabon, Rom – höchste Zeit, Europas Schönsten mal wieder einen Besuch abzustatten.

Datum 30.11.2021

Paris: Ein Syndrom und neue Prachtbauten

© Natalie Kriwy

Ein interessantes Phänomen, dieses sogenannte „Paris-Syndrom“: Bewertungen in sozialen Medien fallen hier ein Stückchen schlechter aus als bei der Konkurrenz in der Top-Liga der Weltstädte. Da das unmöglich an Paris selbst liegen kann, hilft nur das Syndrom als Erklärung: Die Erwartungen an einen Besuch der „Stadt der Liebe“ sind so überwältigend hoch, dass sie eigentlich nur enttäuscht werden können.

Also: mit realistischen Erwartungen, aber doch unbedingt mal wieder nach Paris! Die Faszination rührt auch daher, dass die Stadt nie stehen bleibt. Die Bauwut von Präsident Francois Mitterand in den 1980er-Jahren trug ihm das Wortspiel „Mitterramses“ ein (wegen der Pyramide im Innenhof des Louvre), hat aber auch – mit etwas Abstand betrachtet – großartige Ergebnisse hervorgebracht. Der Umbau des Louvre, die neue Nationalbibliothek im heruntergekommenen Osten, der weiße „Grand Arche“ im Westen: alles neue Fixpunkte auf der Städtetour.

London: Harry Potter und alles andere

© Isabela Pacini

Das wäre mal eine interessante Aufgabe für Wirtschaftsstudenten: die negativen Auswirkungen des „Brexit“ auf den London-Tourismus gegen die positiven Folgen von Harry Potter aufrechnen. Jedenfalls ist der Drang junger Menschen in die zur Zauberer-Erlebniswelt umgebauten Studios von Warner Bros. in Leavesden ungebrochen.

Wenn die Eltern dem Drängen nachgeben, bestehen immerhin gute Chancen, auch weitere Teile dieser immer noch einzigartigen, vibrierenden, endlos vielfältigen Weltstadt zu sehen. Vielleicht das British Museum mit seinen unglaublichen Artefakten der Muggelwelt? Oder St. Pauls Cathedral mit der Kuppel und dem Schnitzwerk? Oder ein Spiel der Premier League, und sei es auch nur im Pub? Ach, man muss mal wieder nach London...

Betörendes Amsterdam

© Gerald Hänel/GARP

Amsterdam gehört zu den sehr wenigen Großstädten, die so attraktiv sind, dass sie beginnen, unter ihrer Schönheit zu leiden. 20 Millionen Übernachtungen sind die Obergrenze, hat die Stadt im Sommer 2021 beschlossen – zu einer Zeit, als umständehalber kaum Touristen da waren.

Aber sie werden wiederkommen: um wenigstens einige der mehr als 8000  denkmalgeschützten Gebäude und ein paar Grachten zu sehen. Und vielleicht das Van-Gogh-Museum, das Anne-Frank-Haus und ein Konzert im legendären „Paradiso“. Was sie nicht tun sollten: nach Coffeeshops und THC-haltigen Produkten suchen. Das ist nicht (mehr) erwünscht, schon gar nicht von Touristen. Für die gibt es ja auch genug andere, betörende Erlebnisse.

Wien: Retrostil und Globen im Palais

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Die Wiener Gastlichkeit hat einen in Jahrhunderten erworbenen Ruf zu verteidigen, und sie tut das mit Verve: Trotz Krise wurden auch 2021 etliche Hotels umgebaut oder neu eröffnet. Da zeichnet sich ein Retrotrend ab: Zimmer und Interieur im Stil der 1920er oder noch früher, viel Plüsch und geschwungene Tischbeine. Das passt im Zweifel immer zu den Theatern, Museen und Kaffeehäusern, die immer ganz in der Nähe sind.

Stilvolle Stützpunkte also, um mal wieder – oder zum ersten Mal? – einige der Top-Sehenswürdigkeiten Wiens zu besuchen. Etwa das Naturhistorische Museum mit seinen 30 Millionen Objekten (zugegeben, es sind viele sehr kleine darunter) oder die Nationalbibliothek in der Hofburg. Manchmal übersehen: ein Prunkstück der naturhistorischen Sammlungen, nämlich das weltweit einzigartige Globen-Museum. Ein paar sind in der Bibliothek ausgestellt, die meisten im Palais Mollard.

Lissabon: Vom Miradouro in die Stadt abtauchen

© Gregor Lengler

„Aussichtspunkte“ ist viel zu profan, „Miradouros“ klingt schon besser. Denn in Lissabon haben sie auf ihren sieben Hügeln die besten Plätze für Blicke über ihre zauberhafte Stadt regelrecht inszeniert, jeder ist ein Ereignis für sich. Tatsächlich sind diese Punkte ein sehr guter Leitfaden für Lissabon: hinaufklettern (oder, je nachdem mit einem der Fahrstühle namens „Elevador“ fahren) und anschließend in das jeweilige Viertel eintauchen (oder abtauchen).

Portugal hat sich vorbildlich durch die spätere Pandemie-Phase navigiert und steht sicher auf vielen Wunschlisten für 2022 ganz oben. Ein Tipp: die Nachnutzung des Geländes der EXPO 1988, heute „Parque das Nações“, gilt als sehr gelungen. Dort ist zum Beispiel das größte Ozeaneum Europas und ein hochmodernes Wissenschaftsmuseum.

Rom: Ausflug und Einkehr

© Gerald Hänel/GARP

Was lässt sich über die „ewige Stadt“ sagen? Sie bei einer Städtereise für einen Ausflug zu verlassen, fällt schwer, sicher hat man diese entzückende Barockkirche oder jene prächtige Villa noch nicht gesehen. Dabei gibt es rund um Rom großartige Ziele: etwa Ostia Antica, der alte Hafen Roms, lange versunken, aber – wie ein zweites Pompeji – wieder ausgegraben. Oder die Villa Adriana, einst Landsitz von Kaiser Hadrian, im Ort Tivoli östlich von Rom, wo noch weitere Villen sehenswert sind.

Was wäre ein City-Trip in Italien ohne Café, Pizza und Pasta? Neben viel touristischem Durchschnitt finden sich (wenn man kundige Führer hat) auch Höhepunkte wie das „Pizzarium“, ein kleines, aber international gefeiertes Stehlokal (Via della Meloria 43).