Auf der Suche nach der besten Pizza von Rom

Das Grauen wartet in einer Gasse wenige Meter von der Piazza Navona entfernt. Neben einer Speisetafel liegt auf einem Tischchen eine Beispielpizza. Regentropfen weichen sie langsam auf, spülen Käse und Tomatensauce weg. Daneben ein Teller Schnitzel mit Pommes. Sicher wird man hier satt.
Durch den immer währenden Besucherstrom sind Gäste zwar garantiert. Für mich verkörpert diese Pizza jedoch genau das, was ich nicht will: mittelmäßige Gebrauchsküche für Touristen, die ohnehin nicht wiederkehren. Deswegen mache ich mich auf die Suche nach dem echten Genuss und nach der besten Pizza von Rom.
Zum Frühstück einen caffè im Stehen

Morgens verzichte ich auf das immer gleiche Continental Breakfast und gehe in die nächste Bar für das typisch italienische Frühstück: einen caffè (also einen Espresso, der in Italien aber nicht so genannt wird) oder Cappuccino im Stehen, dazu ein cornetto, ein Hörnchen, das auch ohne Marmelade immer süß genug ist.
Eine Ausnahme ist da das bezaubernd altmodische Sciascia Caffè im Prati-Viertel. Hier darf man sich hinsetzen, ohne mehr zu bezahlen. Zu den Stammgästen gehören viele ältere Herren – und Katie Parla. Die 34-jährige Amerikanerin kennt sich bestens in der kulinarischen Szene und den besten Restaurants von Rom aus, sie bloggt, veranstaltet Touren, schreibt Artikel. Ihren Master machte sie in „Italienischer Gastronomiekultur“ – das kann man in Rom tatsächlich studieren.
Traditionsreiche Gastro-Szene in Rom
2003 kam die Amerikanerin in die italienische Hauptstadt, die sie besonders durch den Gaumen immer besser kennenlernte. „Das Essen ist für mich ein ganz natürliches Mittel, um die Geschichte der Stadt zu erforschen“, erklärt sie. „Die römische Esskultur ist geprägt von traditionellen Gerichten, zu denen es kaum Quellen gibt – und daher auch von der ewigen Diskussion um die richtige Zubereitung und die Herkunft.“
Rom ist keine Hochburg der Avantgardisten, die raffinierte Teller mit Schäumchen und im Vakuum gegartem Filet gestalten. „Hier gilt es als innovativ, wenn man Ravioli mit einer Sauce füllt, die es sonst zu Spaghetti gibt“, sagt Katie Parla. In den vielen Trattorias von Rom, in denen man sich, umgeben von kitschigen Wandmalereien, wie in einem italienischen Filmklassiker fühlt, trifft man auf einfache, deftige Gerichte aus wenigen Zutaten, die in großen Portionen und ohne Schnickschnack auf dem Teller landen.
Ein Blech voll Glück: Pizza a taglio

Roms Pizzaszene hingegen ist geradezu untypisch modern. Katie Parla nimmt mich mit zum Bonci Pizzarium, einem kleinen Raum ohne Stühle, hinten die Backstube, vorne eine Auslage mit Blechen voller Pizza a taglio. Die dicken Pizzen, die mit Scheren in Stücke geschnitten werden, sind angesagtes römisches Street Food. „Und hier gibt es die besten der Welt!“, schwärmt Katie Parla. Der Laden gehört Gabriele Bonci, dem international gefeierten römischen Star-Pizzaiolo.
Für seine luftig-knusprigen Sauerteig-Pizzen setzt er auf lange Gärzeiten, verwendet beste Mehle und regionale Bioprodukte – und belegt sie mit allem, was ihm einfällt, Parmaschinken, Zucchiniblüten, Feigen. Köstlich ist die Kreation mit Schafsricotta, Kaki, Haselnüssen und ’nduja, einer weichen, scharfen Streichsalami aus Kalabrien. Aber fast noch besser schmeckt ein ganz unscheinbares Stück nur mit Mozzarella, Salz, Öl und Kartoffeln.
Trapizzini: Roms moderne Pizza-Varitante

Street Food ist beliebt in der Stadt. Vielbeschäftigte Römer haben mittags selten Zeit für die klassische Restaurantmahlzeit mit Antipasti, Primo und Secondo piatto, Dessert und Kaffee. Daher war Stefano Callegari von Anfang an zuversichtlich, dass seine Trapizzini ein Erfolg werden würden. Callegari ist ein weiterer Großmeister der Pizzakunst und kam 2008 auf die Idee, Teigecken mit Klassikern der cucina romana zu füllen – eine Art römischer Kebab. Gekochte Kalbszunge mit grüner Sauce oder Trippa alla romana, Kutteln in einer Tomatensauce, die mit römischer Minze und Pecorino verfeinert wird. Zu haben für ein paar Euro an Callegaris zwei Imbissen.
Fröhlich trödelt der breitschultrige Gastronom mit seiner Tochter in die Filiale im Viertel Testaccio, wo Töpfe dampfen und einer der vier Mitarbeiter gerade ein großes Blech mit Auberginenstücken aus dem Ofen nimmt. Mit ihm zu sprechen fällt schwer – ständig muss ich etwas probieren. Zuerst Supplì, frittierte und gefüllte Reiskroketten. Dann ein Stück Guancia brasata, in Wein geschmorte Rinderbacke, und schließlich ein ganzes Trapizzino gefüllt mit Padellaccia di maiale, einem weiteren Schmorgericht mit Schweinenacken.
Römische Pizza trifft auf neapoletanisch Teig

Ich würde ewig weiter probieren, aber Stefano muss los. Mit seinem kleinen, verbeulten VW kutschiert er mich und seine Tochter singend zur Pizzeria Tonda, die er vor einigen Jahren etwas außerhalb des Stadtzentrums eröffnet hat. Ein einfaches Lokal ohne jeden Firlefanz, aber dank Stefano Callegaris kreativ belegten Pizzen äußerst beliebt. Seine Kreationen sind knusprig wie die dünnen römischen Pizzen, der Teig aber ist weich und der Rand eher dick – wie in Neapel.
Gerne spricht er über Mehlsorten und Ofentemperaturen, er liebt es zu experimentieren, verfeinert seine Ideen bis zur Perfektion. Für seine Pizza cacio e pepe legt er Eiswürfel auf den Teig, damit er feucht bleibt und der am Schluss darauf gestreute rohe Pecorino hält. Ich muss wieder probieren. Es wird spät an diesem Abend.
Die besten Pizza-Adressen in Rom

- Forno Campo de’ Fiori: Besonders von den ganz einfachen Pizzasorten der Bäckerei am Campo de’ Fiori schwärmen viele: Pizza rossa mit Tomatensauce und Pizza bianca mit Salz und Olivenöl.
- Bonci Pizzarium: Nahe des Vatikans wird hier köstliche Pizza a taglio gebacken – für viele die beste der Stadt. Die Schlange ist oft lang, aber das Warten lohnt. bonci.it
- Trapizzino: In Testaccio und bei der Milvischen Brücke gibt es die gefüllten Teigecken, die mittlerweile halb Rom begeistern. Sehr gut: Trapizzini mit regionalen Schmorgerichten. trapizzino.it
- La Gatta Mangiona: Die „verfressene Katze“ ist eine der besten Pizzerien der Stadt. Die Betreiber gehörten zu den Ersten in Rom, die mit neuen Teigsorten experimentierten. Gute Weinauswahl und eigene Craft-Beer-Karte.
- Tonda: Die Pizzeria von Stefano Callegari liegt im Wohnviertel Montesacro, ist aber per Taxi oder Bus schnell erreicht. Auf der Karte: seine „Trapizzini“ und raffinierte Kreationen wie die Pizza Testarossa mit Coppa di testa (eine Art Presskopf), Kartoffeln und in Campari mariniertem Mozzarella. facebook.com/pizzeriatonda