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Natur

Bonaire: Die unterschätzte Perle der Karibik

Die Karibikinsel Bonaire lockt mit pudrig-weißen Traumstränden, einer paradiesisch schönen Unterwasserwelt und imposanten Tier- und Pflanzenarten.

Datum 27.03.2023

Neben den Nachbarinseln Aruba und ​​Curaçao hat auch die deutlich kleinere Karibikinsel Bonaire vieles zu bieten: traumhafte Korallen mit bunten Fischschwärmen, Salzseen, Mangroven, Meeresschildkröten und fast 200 Vogelarten zum Beispiel. 

In den letzten Jahren hat sich der karibische Geheimtipps zum Besuchermagneten gemausert – zahlreiche Wassertaxis mit Tourist:innen landen hier täglich an. Um die Lebensgrundlage ihrer Tier- und Pflanzenarten weiter so gut es geht zu schützen, setzt die Insel nun immer mehr auf nachhaltigen Tourismus. Wer Bonaire auf authentische Art und Weise erkunden möchte, kann das zum Beispiel mit der Crew der „Samur“ tun, die mit Passagier:innen über das traumhaft schöne Karibische Meer schippert und zum Schnorcheln einlädt.

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Karibikinsel Bonaire: Unterwegs mit der „Samur“

kleines Boot auf dem Karibischen Meer, Küste von Bonaire © iStock/CircleEyes
Kleine charmante Boote, puderweiße Strände und türkisblaues Meer: Das ist Bonaire.

So recht will die „Samur“ nicht zur karibischen Kulisse passen. Behäbig schaukelt das aus Teak- und Mahagoni-Holz gebaute Boot auf den Wellen. Man würde es eher nach Asien verorten. Tatsächlich wurde diese Dschunke mit ihren vielen handgeschnitzten Details vor mehr als 40 Jahren in Thailand gebaut, als schwimmendes Heim für einen begüterten Weltenbummler.

Wie kommt dieses Boot nach Bonaire, ans andere Ende der Welt, 17.000 Kilometer Luftlinie und noch mehr Seemeilen von Thailand entfernt? So richtig aufklären lässt sich das nicht mehr.

Die Geschichte der „Samur“

Urs Schultheiss, 23, ist nur halb so alt wie das Boot, aber geht als Seebär durch. Was an der Vita des sonnengebräunten jungen Mannes mit den blonden Locken liegt. Geboren wurde er auf Gran Canaria. Er war vier Monate alt, da nahmen ihn die Eltern - von Fernweh geplagte Schweizer:innen - auf dem Katamaran mit in die Karibik.

Das Trio landete schließlich auf Bonaire, verliebte sich in das Korallen-Eiland vor der Küste Venezuelas und blieb. Und die „Samur“? Zu der kam Urs' Vater eher zufällig, wie sein Sohn mit einem breiten Grinsen im Gesicht erzählt: „Nach einem feucht-fröhlichen Abend unterschrieb er den Kaufvertrag.“ 

Ob dabei Rumpunch im Spiel war? Der Cocktail ist auf dem Inselparadies allgegenwärtig und wird auch auf dem Trip mit der „Samur“ reichlich ausgeschenkt. Aber erst auf der Rückfahrt – man will die bunten Fischschwärme, die sich zwischen den Korallen vor Bonaires Küste verstecken, schließlich nicht doppelt sehen.

Der schönste Strand der Karibik

Verlassener Strand auf Bonaire © IMAGO/Wirestock
Bonaire hat kleinere Strände als die anderen Karibikinseln, aber nicht minder beliebte.

Eine halbe Stunde dauert die Überfahrt vom Hauptort Kralendijk mit seinen rot, gelb oder lila gestrichenen holländischen Kolonialhäusern zum vorgelagerten Eiland Klein-Bonaire. Dort gibt es weder Souvenirverkäufer:innen noch geschäftstüchtige Strandliegen-Vermieter:innen. Nicht einmal eine Bar findet sich auf dem unbewohnten Inselchen. 

Dafür jede Menge Leguane, die sich schnell ins Unterholz verziehen angesichts der Schar von Sonnenanbeter:innen, die per Wassertaxi zum No-Name-Beach anrückt. Der „Strand ohne Namen“ gilt manchen als einer der schönsten Karibik-Strände.

Dieser Ruf ist verdient: Der puderzuckrige Sand ist so weiß, dass sein Anblick in der grellen Mittagssonne in den Augen schmerzt, das in allen Blautönen schimmernde Meer so glasklar, dass man die Horden von Meeresbewohnern schon beim Waten durchs Wasser erspähen kann. Der Nachteil: Der Strand ist längst kein Geheimtipp mehr – wer ungestört sein möchte, wird hier enttäuscht.

Bonaire: Ein Paradies in Gefahr

„1000 Steps“, Tauchspot auf Bonaire © Unsplash/Jannick Nijholt
Hier zu sehen: einer der beliebtesten Tauchspots auf Bonaire, „1000 Steps“.

Das Meer um Bonaire zählt zu den besten Tauchspots der Karibik. Besonders schön ist es auf dem nur sechs Quadratkilometer großen vorgelagerten Klein-Bonaire. Die Idylle mit ihrer Wunderwelt unter Wasser wurde erfolgreich gegen alle Versuche der Vereinnahmung geschützt.

Kurz vor der Jahrtausendwende gab es Pläne, ein luxuriöses Hotelresort auf dem Eiland zu errichten: Es sollte noble Suiten mit Blick aufs Meer geben und eine feine Küche – und all die Müll- und Abwasserprobleme, die so eine abgelegene Lage mit sich bringt. Auf Bonaire schlugen die Wellen der Empörung entsprechend hoch. Unterstützung bekamen die Kritiker:innen durch den Meeresforscher Hans Hass. Der österreichische Tauchpionier bezeichnete die Pläne als eine Schande für die Insel.

Bonaire hat sich nämlich umweltfreundlichen Tourismus auf die Fahnen geschrieben. Was die Masse von Taucher:innenn, die vom Strand aus zu ihrem Abenteuer starten, heutzutage aber auch nicht daran hindert, mit dem gemieteten SUV zur Einstiegsstelle zu fahren. Oder die insgesamt vier Stationen zum Windsurfen und die Station zum Kitesurfen exzessiv zu nutzen.

Jedenfalls: Ob es nun am offenen Brief von Hans Hass lag oder an den Investor:innen, die kalte Füße bekamen, das Kleinod mit dem vorgelagerten Korallenriff wurde von der Bebauung verschont und Teil des Bonaire National Marine Parks.

Schnorcheln auf Bonaire: Zauberhaftes kühles Nass

Meeresschildkröte in Bonaires Unterwasserwelt © Unsplash/Kris Mikael Krister
Beim Tauchen und Schnorcheln vor der Küste Bonaires lassen sich Meeresschildkröten bestaunen.

Tauchausrüstung braucht es keine, um hier Meeresschildkröten, Papageien- oder Kaiserfischen zu begegnen. Es reichen Schnorchel und Taucherbrille. Die Crew von Urs, die „Samur-Buddies“, schmeißt uns an einer Stelle einfach von Bord und sammelt alle eine Stunde später am No-Name-Beach wieder ein. Den Rest erledigt die Strömung, die uns über Stein- und Fächerkorallen trägt.

Neugierige Riffbarsche kommen auf Armlänge heran. Schnapper und Grunzer wühlen am sandigen Grund nach Nahrung. Wolken von winzig kleinem Fischnachwuchs tauchen plötzlich aus dem Nichts auf.

Urs kennt die Tauchgründe wie seine Westentasche. Wenn er nicht gerade am Steuer der Dschunke mit dem rostroten Segel steht, das bei Flaute von einem Sechs-Zylinder-Motor unterstützt wird, geht er selbst tauchen, am liebsten am Tauchspot „1000 Steps“.

Andere Karibikinseln mögen weitläufigere Strände haben. „Aber wo findet man eine solche elysische Unterwasserwelt vor?“, fragt Urs. Rein rhetorisch natürlich. Für ihn ist die Antwort eh klar.

Beeindruckende Artenvielfalt

Flamingos auf Bonaire © iStock/Stephan Kogelman
Pinkfarbene Tupfer in der Landschaft: die wunderschönen Flamingos von Bonaire.

Wer an Land an die Südspitze Bonaires zum Willemstoren - dem letzten von einst drei Leuchttürmen auf der Insel - fährt, bekommt weitere tierische Bewohner von Bonaire zu Gesicht. 800 verwilderte Esel tigern zwischen Salzseen, Mangroven und haushohen Kakteen umher. Viele von ihnen sind zutraulich, weil sie bei den Menschen natürlich Futter wittern.

Noch größer ist der Bestand an Flamingos. Wenn sich die eleganten Flieger zu Hunderten zur Futtersuche nach Venezuela aufmachen, das bei gutem Wetter am Horizont auszumachen ist, färbt sich der Himmel rosarot. So bedeutend ist die Tausende Tiere zählende Kolonie, dass selbst der kleine Inselflughafen in Pink gestrichen wurde.

Im Nordwesten, also quasi am anderen Ende der Insel, liegt der Washington-Slagbaai-Nationalpark. Hier gibt es die meisten Flamingos der Insel. Rund 190 Vogelarten sind hier insgesamt zu Hause – Papageien, Reiher, Tölpel und Fregattvögel mit ihrem leuchtend roten Kehlsack. In der felsigen Landschaft mit ihren Kakteen- und Akazienwäldern, den Lagunen und Süßwassertümpeln stoßen Naturfans überall auf die windgebeugten Fofoti-Bäume und auf Aloe vera, die böse Geister vertreiben soll und deren Saft den schlimmsten Sonnenbrand lindert. 

Bonaires schmerzhafte Vergangenheit

Kralendijk, Hauptort von Bonaire, bunte Häuserreihe aus der Kolonialzeit © iStock/Stephan Kogelman
Auch die Kolonialhäuser in Kralendijk zeugen noch heute von der Ausbeutung der Ureinwohner:innen.

So friedlich die Insel mit ihren rund 20.000 stets gut gelaunten Einwohner:innen heute erscheinen mag: Die Wunden, die 300 Jahre Sklaverei geschlagen haben, sind noch immer sichtbar.

Hier, auf der östlichsten Insel der Niederländischen Antillen, mussten aus Afrika verschleppte Sklav:innen Salz aus knietiefen Becken fischen. Das wurde dann nach Europa verschifft. „Die Sklaven mussten bis zu 16 Stunden am Tag in dem Salzsee schuften. Viele wurden blind wegen des gleißenden Lichts“, erzählt Taxifahrer Sidney, dessen Vorfahr:innen selbst Kristalle aus der salzigen Brühe fischten.

Die weiß schimmernden Salzpyramiden recken sich noch immer in den stahlblauen Himmel, nur dass längst Maschinen und Förderbänder die Arbeit machen. Die winzigen Hütten sehen mit der rauschenden Brandung vor der Haustür zwar ungemein malerisch aus. Als dort aber Sklav:innen Schutz vor Stürmen suchen mussten, glich das Leben eher der Hölle.

Das Müllproblem auf Bonaire

Im Gegensatz zu seinen bevölkerungsreicheren Nachbarn Aruba und Curaçao, die heute als „überseeische Länder“ weitgehend autonom sind, ist Bonaire als einstige Kolonie immer noch eng an die Niederlande gebunden und trägt den Status „besondere Gemeinde“.

Eine der karibischen Untertanen von König Willem Alexander ist Uta, sie hat sich auf der Insel niedergelassen. Gemeinsam mit Freunden fährt sie regelmäßig an die Ostküste, wo das Meer mit großer Wucht gegen die Insel peitscht. Wo laut einer Legende die Meerjungfrau Mamparia Cutu ihr Unwesen treibt, eine Art Loreley der Karibik, sammeln sie den Müll ein, der bei feucht-fröhlichen Partys weggeworfen wurde oder auf anderen Wegen im Meer gelandet ist und hier angespült wurde: Plastikflaschen und -tüten, Reste von Autoreifen, winzige Kunststoffschnipsel.

„Es ist in den vergangenen Jahren viel mehr geworden“, sagt die Umweltschützerin, die für Küsten- und Riffschutz sensibilisieren will. Schließlich sollen sich auch nachfolgende Generationen an Haien, Rochen, Süßlippen und Riffbarschen erfreuen.

Bonaire: Informationen zur An- und Einreise

© iStock/Ben Schonewille
Bonaire ist kein Geheimtipp mehr, doch auch hier können Sie an den richtigen Orten Ruhe finden.

Anreise: Flüge nach Bonaire gibt es beispielsweise mit KLM ab Frankfurt oder München via Amsterdam und Aruba. Die Flugzeit beträgt inklusive der Zwischenstopps rund 14,5 Stunden. Die Kosten beginnen bei rund 700 Euro für den Hin- und Rückflug. Zudem gibt es ab einigen US-amerikanischen Airports Flüge nach Bonaire.

Einreise: Urlauber:innen benötigen einen Reisepass, vorläufigen Reisepass oder Kinderreisepass, der noch sechs Monate gültig sein muss, schreibt das Auswärtige Amt in seinen Reisehinweisen zu den karibischen Teilen der Niederlande.

Beste Reisezeit: Bonaire ist wegen seines tropisch-trockenen Klimas ein Ganzjahresziel. Niederschläge gibt es vor allem von Oktober bis Januar. Die Lufttemperaturen liegen das ganze Jahr über bei 28 bis 33 Grad, das Wasser hat stets angenehme 26 bis 29 Grad.

Unterkünfte: Hotels gibt es vor allem im Hauptort Kralendijk sowie an der Küstenstraße im Süden. Pro Nacht sollte man mit 80 Euro pro Person rechnen. Zudem gibt es Ferienwohnungen und Bed & Breakfast-Herbergen. Manche Hotels auf Bonaire haben auch einen Privatstrand – perfekt für diejenigen, die dem Ansturm der Wassertaxen an den anderen Stränden entgehen wollen.

Medizinische Infos: Auf Bonaire gibt es Mücken, die Zika, Dengue und Chikungunya übertragen. Besprechen Sie im Voraus mit Ihrem Arzt/Ihrer Ärztin, welche medizinischen Maßnahmen und Impfungen empfehlenswert sind.

- Roswitha Bruder-Pasewald/dpa

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