Zum Frühlingsbeginn verwandelt sich Valencia in eine riesige Bühne, wenn hier die Fallas beginnen. Die traditionsreiche Fiesta dauert mehrere Tage und zieht alle Zuschauer:innen in ihren Bann.
TextAlexandra Frank
Irgendwann ist er gekommen, der Moment, in dem all die Mühe und Arbeit der vergangenen Monate, das Formen und Feilen, Messen und Malen einfach in Flammen aufgehen. Wenn sich die kunstvoll arrangierten, mit liebevollen Details und satirischem Witz gewürzten Figuren-Ensembles dem Feuer geschlagen geben müssen. Zarte Antlitze, listige Grimassen, pausbäckige Gesichter verrußen erst langsam, lodern dann leuchtend, und am Ende bleibt nichts als Asche zurück.
Jedes Jahr im Frühjahr verwandelt sich die spanische Stadt Valencia in eine brodelnde Feuerhölle. Anlässlich der „Fallas de Valencia“ gestalten Künstler:innen der Region imposante Werke aus Pappmaché. Während der Festivitäten, die mehrere Wochen andauernd, werden die gigantischen Figuren ausgestellt und schließlich von großem Jubel und lautem Feuerwerk begleitet, feierlich niedergebrannt.
Am Josefstag neigen sich die Fallas dem Ende zu und Hunderte Kunstwerke brennen. Start der Frühjahrsfeier ist bereits der letzte Sonntag im Februar, wenn die Fallera Mayor – die Fallas-Königin – das Fest offiziell eröffnet und Pyrotechniker:innen mit der täglichen „Mascletà“ beginnen, einem zischenden und knallenden Böllerfeuerwerk auf dem Rathausplatz.
Bis Mitte März werden die Fallas-Figuren aufgestellt und verwandeln die Stadt in ein riesiges Freilichtmuseum. Paraden und Umzüge starten in beleuchteten Straßen, dazu gibt es Wettbewerbe und Vereinsfeste, begleitet von Kapellenmusik und nächtlichen Feuerwerken. Und bei der „Ofrenda“ ziehen Zehntausende Falleras zur Plaza de la Virgen, um der Schutzpatronin der Stadt Blumen darzubringen.
Eine Warnung vorab: Halbe Dinge sind Mitte März in Valencia nicht möglich. Es ist ähnlich wie beim Kölner Karneval – entweder man reist an, um das Event mit Haut und Haaren zu erleben, oder man meidet diesen Zeitraum besser. Offizieller Start ist in diesem Jahr der 26. Februar 2023 wenn der Bürgermeister der Fallas-Königin auf dem Stadttor Torres de Serranos den Schlüssel der Stadt übergibt. Die Auftaktveranstaltung „Macrodespertà“ beginnt bereits um 7:30 Uhr am Sonntag, der mit einem Feuerwerk endet.
Ab dem 1. März findet täglich um 14 Uhr ein Böllerfeuerwerk auf dem Rathausplatz statt: die Mascletà. An den Wochenenden finden zusätzlich Umzüge, Paraden und musikalische Veranstaltungen statt. Wenn alle Fallas-Skulpturen stehen, erleuchten nachts bunte Feuerwerke über dem Turia-Park den Himmel. Bei der Blumengabe am 17. und 18. März ziehen Zehntausende Trachtenträger mit Musikkapellen zur Plaza de la Virgen, um die Schutzpatronin Virgen de los Desamparados mit Blumen zu schmücken. Am Abend des 18. März feiert ganz Valencia die Feuernacht „Nit del Foc“ auf dem Paseo de la Alameda. Zum Höhepunkt des Festes am 19. März werden die Skulpturen verbrannt, begleitet von ausgelassenen Straßenfesten.
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Entstanden ist die Tradition der Fallas im 18. Jahrhundert, als Zimmerleute am Ende des Winters ihre Werkstätten ausmisteten und alles, was sie nicht mehr brauchten, zu Haufen gestapelt in Brand setzten. Irgendwann schmückten einige von ihnen Holzstücke und Stroh mit Stoffresten. Und im Laufe der Zeit wurden aus den brennenden Vogelscheuchen immer kunstvollere Konstrukte, die um die 15 Meter hoch sind und aus unzähligen kleinen Figuren („Ninots“) und Schmuckelementen bestehen.
„Die bislang größte Fallas-Skulptur war 40 Meter hoch und hat 400.000 Euro gekostet“, weiß Paco Pellicer, Vorsitzender der Vereinigung der Fallas-Künstler:innen. Er und seine Kolleg:innen arbeiten oft monatelang an ihren Entwürfen, an vielen lässt sich Zeitgeist, Mode und gesellschaftliche Kritik ablesen. „Wie beim deutschen Karneval werden häufig Autoritäten, Politiker und andere Persönlichkeiten karikiert und aufs Korn genommen“, sagt er. Oft werden er und sein Team darauf angesprochen, ob sie nicht traurig seien, wenn die Kunstwerke aus Holz, Pappmaché, Gips oder Styropor am Ende der Fallas in Flammen aufgehen. „Aber dafür sind sie schließlich gemacht“, sagt er. „Das ist wie eine Paella. Die lässt man ja auch nicht stehen, weil man sie zu schade für den Verzehr findet.“
Am Josefstag gehen alle Skulpturen in Flammen auf. Alle? Nein, denn seit 1934 wird Jahr für Jahr jeweils ein „Ninot“ per Abstimmung begnadigt und darf ins Museo Fallero einziehen. Dort können sich Besucher über das Fest informieren, Bilder, Skulpturen und Plakate bewundern sowie Porträts von Fallas-Königinnen. Und noch ein Haus bietet rund ums Jahr Einblicke in das größte Event der Stadt. Im Museum der Fallas-Künstler steht der künstlerische Entstehungsprozess der teils meterhohen Skulpturen im Vordergrund.
Fallas-Werkstätten und Workshops: Eigene Figuren formen
Wer wissen möchte, wie die Fallas-Künstler:innen arbeiten, sollte einen Spaziergang durch die Ciudad Fallera machen. Hier reihen sich etwa in der Calle de la Marquesa de Paterna Werkstätten aneinander, in denen ab Januar emsig an neuen Figuren gearbeitet wird. Die meisten Künstler:innen haben nichts dagegen, wenn Besucher:innen ihnen über die Schulter schauen. Einige bieten auch Workshops an, bei denen die Teilnehmer:innen selbst kleine Pappmachéfiguren herstellen können. Buchen kann man diese über den Fallas-Verband, der Vorsitzende Paco Pellicer spricht deutsch.
Einkaufen: Geschäfte mit Fallas-Tradition
Traditionsläden wie „Alvaro Moliner“ oder „Albaes“ bieten eine riesige Auswahl an edlen Seidenstoffen, Gewändern und typischem Fallera-Schmuck. Moderne Turnschuhe, Taschen und Gürtel aus dem Trachtenstoff sowie Accessoires und Shirts mit Fallas-Motiven gibt es bei „Espai Ripalda“, gleich nebenan von Alvaro Moliner.
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