1.000 Jahre jung: 13 besondere Tipps für Breslau

Wer auf halbem Weg zwischen Berlin und Warschau nach Süden abbiegt, landet in einer Metropole, die sich eine große Kunst bewahrt hat: sich als grüner Archipel jedem Alter und jeder Schublade zu entziehen. Wir geben 13 besondere Tipps für Breslau.
Datum04.09.2025

Breslau – oder Wrocław, wie die Stadt auf Polnisch heißt – ist eine der spannendsten Kulturmetropolen Mitteleuropas. Mit ihrer wechselvollen Geschichte ist sie ein Ort, an dem Vergangenheit und Gegenwart auf besondere Weise miteinander verschmelzen. Die prachtvolle Altstadt mit dem farbenfrohen Marktplatz erzählt von Jahrhunderten voller Wandel, während die moderne Kulturszene das kreative, junge Gesicht der Stadt zeigt. 

Theater, Museen, alternative Clubs und Festivals machen Breslau zu einem vibrierenden Zentrum für Kunst und Musik, das Besucher immer wieder überrascht. Kein Wunder, dass die Stadt 2016 zur Europäischen Kulturhauptstadt gekürt wurde – ein Titel, der bis heute in ihrem lebendigen Kulturleben nachhallt.

Merian zeigt die Highlights von Breslau – von Cafés über Museen bis hin zur Oper.

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Jahrhunderthalle

Die Jahrhunderthalle mit der Iglica („Nadel“) von Stanisław Hempel

Opern, Musicals, Konzerte, Konferenzen: Die Jahrhunderthalle ist rege in Gebrauch und tagsüber für Besichtigungen geöffnet. Ein Besucherzentrum informiert über die Geschichte des eindrucksvollen Gebäudes. 1913 nach den Plänen von Max Berg errichtet, war sie mit ihrer gewaltigen Kuppel aus Stahlbeton damals ein technisches Wunderwerk. 

Heute gehört die Halle zum UNESCO-Welterbe und gilt als eines der bedeutendsten Werke moderner Architektur und Ingenieurskunst in Europa. Der große Innenraum, der etwa 10.000 Menschen fasst, vermittelt bis heute das Staunen der Zeitgenossen über Dimension und Konstruktion. Neben Aufführungen der Oper Wrocławska finden hier internationale Messen, Sportereignisse und Festivals statt – die Halle ist also nicht nur Denkmal, sondern ein lebendiger Ort im Alltag der Stadt.

halastulecia.pl

2

Krupa Gallery und Krupa Foundation

Miłosz Flis mit zwei seiner Skulpturen in der Krupa Gallery in Breslau

Die Krupa Gallery und die Krupa Foundation wirken wie ein stiller Motor im kulturellen Gefüge Breslaus. Abseits der großen Institutionen widmen sie sich der Förderung zeitgenössischer Kunst. Junge Positionen aus Polen treten hier neben internationale Stimmen, die Räume sind wandelbar, fast provisorisch, und gerade deshalb so offen für Experimente. 

Das Haus zeigt regelmäßig Ausstellungen junger Absolventinnen und Absolventen der Kunstakademien, organisiert Diskussionen, Konzerte und Performances. Die Stiftung unterstützt zudem Residenzprogramme, durch die Künstlerinnen und Künstler aus dem Ausland zeitweise in Breslau leben und arbeiten können. So entsteht ein Netzwerk, das die Stadt internationaler macht und gleichzeitig ihre eigene Szene stärkt.

krupagallery.com 

krupaartfoundation.pl

3

BWA

Dieser Galerienverbund hat vier Standorte in Breslau: Ausstellungsräume rund um Migration im Hauptbahnhof, eine Galerie mit Schwerpunkt auf Glas, außerdem einen Showroom zu Designthemen und das Studio mit eher gesellschaftlichen Bezügen direkt an der Neon Side Gallery. Zusammen bilden sie ein lebendiges Netzwerk für zeitgenössische Kunst, das unterschiedliche Perspektiven sichtbar macht: von der kritischen Auseinandersetzung mit Flucht und Identität über die Tradition und Zukunft des Designs bis hin zu Fragen von Alltagskultur und urbanem Leben. Das Studio BWA versteht sich nicht nur als Ausstellungsort, sondern auch als Plattform für Diskussionen, Workshops und Begegnungen.

bwa.wroc.pl

4

MWW Museum der Gegenwart Breslau

Hier zu sehen: eine Installation aus der „Wunderland“-Ausstellung im MWW.

Das MWW hat seine Räume in einem ehemaligen Bunker, den die Nationalsozialisten errichteten: 25 Meter hoch, mit einem Durchmesser von 31 Metern und gut einem Meter dicken Wänden. Zu sehen sind Arbeiten der Gegenwart vor allem aus Grafik und Fotografie, mitunter Bezug nehmend auf das Nachbarland Deutschland und die gemeinsame Geschichte. 

Die rohe Architektur des Rundbaus – schwer, monumental, beinahe abweisend – bildet dabei einen starken Kontrast zu den oft stilleren, nachdenklichen Arbeiten im Inneren. Seit seiner Eröffnung im Jahr 2011 versteht sich das MWW als Plattform für junge wie etablierte Künstlerinnen und Künstler aus Polen und Europa. Neben den wechselnden Ausstellungen gibt es ein vielseitiges Begleitprogramm mit Diskussionen, Workshops und Filmvorführungen. 

muzeumwspolczesne.pl

5

Vier-Kuppel-Pavillon

Im Vier-Kuppel-Pavillon ist ein Teil aus dem Bestand des Nationalmuseums Wrocław untergebracht.

Säulen, Kuppeln und Fenster versus moderne Gemälde und Skulpturen: Selten stehen Raum und Objekte in so apartem Kontrast. Der Vier-Kuppel-Pavillon, 1912 und 1913 als Ausstellungshalle errichtet, gehört heute zum Ensemble rund um die Jahrhunderthalle. Nach einer umfassenden Restaurierung beherbergt er seit 2016 eine Sammlung polnischer Kunst aus der zweiten Hälfte des 20. sowie des 21. Jahrhunderts aus dem Bestand des Nationalmuseums Wrocław. Die strenge Symmetrie des Baus, das Licht, das durch hohe Rundbogenfenster einfällt, und die klar gegliederten Säle schaffen eine eindrucksvolle Bühne.

mnwr.pl

6

Neon Side Gallery

Die Neon Side Gallery, kurz bevor die Röhren glühen, im Innenhof der Ruska-Straße 46C.

Eigentlich ist dies gar keine Galerie im engeren Sinne, eher ein großer Innenhof mit Kunst, Cafés, Clubs, Theatern und funky Beleuchtung. Die Neon Side Gallery entstand Anfang der 2000er, als alte Leuchtschriften aus der kommunistischen Zeit von der Stiftung „Neon Side” gekauft und hier wieder zum Leuchten gebracht wurden. Heute ist der Hof ein urbanes Wohnzimmer, in dem sich Nachtschwärmer, Kunstfreunde und Neugierige mischen. Zwischen den bunt schimmernden Buchstaben entstehen Ausstellungen, Performances und Konzerte. 

ruska46.pl

7

Oper Breslau

Das Opernhaus wurde nach dem Hochwasser von 1997 saniert.

Das Gebäude von 1841 vermittelt mit seiner klassizistischen Fassade noch immer den Stolz, mit dem die Oper bis 1944 als eines der wichtigsten deutschen Musikhäuser galt. Schon die opulente Innengestaltung ist ein Erlebnis. Entworfen wurde der Bau einst von Carl Ferdinand Langhans; eröffnet hat man ihn am 13. November 1841 mit Goethes „Egmont“ (Musik: Beethoven).

Die Oper ersetzte das deutlich kleinere, bereits 1782 eröffnete Stadttheater. Nach Bränden in den Jahren 1865 und 1871 wurde das Gebäude grundlegend umgebaut, unter anderem durch Karl Lüdecke und Karl Schmidt. Bemerkenswert: Das Haus überstand beide Weltkriege ohne Zerstörung. Heute firmiert es als Opera Wrocławska und ist für spektakuläre „Superproduktionen“ bekannt.

opera.wroclaw.pl

8

Mövenpick Grand Hotel

Grün im besten Sinne: das Café im neu eröffneten Mövenpick Grand Hotel.

Mit der Neueröffnung 2025 knüpft das Haus an seinen historischen Glamour an, zitiert mit schlichten Ornamenten und geometrischen Flächen und Linien die Formensprache des Art déco. Während kraftvolle Farben die Lobby und das Café bestimmen, geben dunkle Grau- und Erdtöne den 179 Zimmern und Suiten eine elegante Schwere. Wer nicht im Hotel wohnt, genießt im Restaurant The Gate das moderne Design mit Spuren der Zwanzigerjahre, das Küchenteam verfeinert internationale Gerichte mit polnischen Akzenten.

movenpick.accor.com

9

Schweidnitzer Keller (Piwnica Świdnicka)

Tradionelle Küche im Schweidnitzer Keller

Am Marktplatz des historischen Stadtkerns liegt dieses Restaurant in den unterirdischen Gewölben des einstigen Rathauses. Seine Ursprünge gehen zurück bis ins 13. Jahrhundert. Die Küche ist modern mit Schwerpunkt auf den Traditionen des Landes. Unter den gemauerten Gewölberippen im Erdgeschoss gärt die hauseigene Brauerei verschiedene Spezialitäten. 

Mit seinen rund 360 Plätzen war der Schweidnitzer Keller über Jahrhunderte Treffpunkt für Ratsherren, Reisende und Kaufleute. Auch Goethe soll hier gespeist haben. Nach einer umfassenden Renovierung wurde die Piwnica Świdnicka, wie sie auf Polnisch heißt, 2022 wiedereröffnet und verbindet heute eindrucksvoll die mittelalterliche Atmosphäre mit zeitgemäßer Gastronomie.

piwnicaswidnicka.pl

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Bułka z Masłem

Ist es noch ein Café mit Garten oder schon ein Gewächshaus mit angeschlossener Gastronomie? Für den größeren Hunger gibt es Burger, Aufläufe und andere heiße Gerichte. Zwischen üppigem Grün und großen Fensterfronten sitzt man hier wie in einer urbanen Oase, mitten in der Stadt und doch mit dem Gefühl von Rückzug. Das Publikum ist jung gemischt – Studierende, Familien, Kreative –, und besonders in den Sommermonaten ist der weitläufige Garten einer der beliebtesten Treffpunkte in Breslau. 

Neben den Klassikern der Karte gibt es regelmäßig wechselnde Tagesgerichte, hausgemachte Limonaden und Kuchen. Abends verwandelt sich das Bułka z Masłem mitunter in eine Bar mit Konzerten oder DJ-Sets, was den Ort zusätzlich belebt.

bulkazmaslemwlodkowica.pl

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Oto Coffee Bar

Für die Oto Kaffeebar entwarf Joanna Gniady Logo und Verpackungen, ihre Kaffeepäckchen sind Kunstwerke.

Man röstet den Kaffee selbst und verkauft Spezialitäten aus Anbaugebieten in Afrika und Lateinamerika. Der eigentliche Star dieses Cafés unweit der Neon Sign Gallery aber ist das hohe und sanft gerundete Deckengewölbe. Wer das Oto betritt, fühlt sich sofort wie in einer behutsam ausgeleuchteten Stätte des guten Geschmacks, wo das Aroma von frisch gemahlenen Bohnen durch den Raum zieht. 

Das Oto verzichtet bewusst auf überflüssige Dekoration – die Aufmerksamkeit soll beim Kaffee bleiben. Die Auswahl reicht von fruchtig-leichten Bohnen aus Äthiopien bis zu kräftigeren Varietäten aus Kolumbien. Jede Röstung wird präzise beschrieben, und das Personal nimmt sich Zeit, Zubereitungsarten zu erklären. So entsteht eine Atmosphäre, die gleichermaßen gelassen wie konzentriert wirkt: ein Ort für ein stilles Gespräch, zum Lesen oder schlicht, um den Geschmack einer sorgfältig gebrühten Tasse wahrzunehmen.

otocoffee.pl

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Falla

Vom Hauptbahnhof sind es nur ein paar Minuten zu diesem modernen veganen Restaurant, das aus Gerichten der internationalen Küche tierfreie Alternativen macht, von Burgern und Wraps bis zu japanischen und koreanischen Gerichten. Das Falla ist längst mehr als ein Geheimtipp: In farbenfrohem Ambiente serviert man hier kreativ gewürzte Bowls, hausgemachte Saucen und Desserts, die beweisen, dass vegane Küche nichts mit Verzicht zu tun hat. Das Publikum ist bunt gemischt – Studierende, Familien, Reisende –, und die entspannte Atmosphäre macht das Restaurant zu einem Ort, an dem man gern länger bleibt als ursprünglich geplant.

fallawege.pl 

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Kanapa

„Kanapa heißt Sofa und genauso fühlt es sich auch an – ein gemütliches und entspanntes Café, nur einen Steinwurf von der Krupa Gallery entfernt“, sagt Natalia Barczyńska, die Kuratorin eben jener Galerie. Leckerer Matchatee, wirklich gute Sandwiches, perfekt für einen Snack nach dem Kunstgenuss. 

Dazu gibt es hausgemachte Kuchen, kleine vegetarische Gerichte und eine Auswahl an Kaffeespezialitäten, die das Café auch für sich allein zum Ziel machen. Der Raum ist schlicht, mit warmen Farben und weichen Sitzgelegenheiten. Oft trifft man hier Künstlerinnen und Künstler aus der Nachbarschaft, die nach einer Ausstellung auf einen Tee oder Kaffee vorbeischauen. So ist das Kanapa nicht nur ein Ort zum Ausruhen, sondern Teil der lebendigen Szene rund um die Krupa Gallery.

instagram.com/kanapa_espressobar