© IMAGO/Ullrich Gnoth
Natur

Festung Königstein: Gärtnern mit paradiesischer Aussicht

Die Festung Königstein in der Sächsischen Schweiz ist nicht nur aufgrund ihrer historischen Bedeutung ein beliebter Touristenmagnet. Im angeschlossenen Hofgarten können Besucher:innen die grüne Seite der Festungsanlage bestaunen. Gärtner René Häntsch gibt Einblicke in die Kultivierung des Festungsplateaus.

Datum 28.05.2023

Stachelige Berberitze und Wildrosen als natürliches Hindernis am Abgrund, Heilkräuter im Klostergarten und ein zu jeder Jahreszeit blühender Park zum Lustwandeln: Die Festung Königstein in der Sächsischen Schweiz ist auch ein Naturparadies. Zwischen Kanonen, Kasernen und Kasematten wird begrünt, gepflanzt, angebaut, geerntet – seit Jahrhunderten. 

Auf einem 9,5 Hektar großen Felsplateau „gibt es wenige Flecken, die nicht von uns bearbeitet werden“, sagt René Häntsch, der Festungsgärtner. Er und sein Team halten das Areal, zu dem auch ein Wald gehört, in Schuss, vom Rasenmähen in der Früh bis zum Rosenschnitt zum Feierabend. Dabei entschädigt meist auch die Aussicht die fünfköpfige Truppe für die Mühe – auf 230 Metern Höhe über dem Meeresspiegel in die zerklüftete Felswelt des Elbsandsteingebirges.

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Gärtnern auf der Festungsanlage Königstein

Festungsanlage Königstein von oben © IMAGO/Sylvio Dittrich
Das komplette Felsplateau der Festung Königstein wird von René Häntsch und seinem Team gepflegt und gehegt.

Häntsch war erstmals als Schulkind auf dem sogenannten „lapide regis“, einem der beliebtesten Ausflugsziele Sachsens. Nun lebt er dort seine Garten-Leidenschaft aus, bis zur Pflege des Festungswaldes. Auch dort ist der Klimawandel spürbar. „Viele alte Buchen sterben ab, wir forsten seit 2022 nach und nach Mischwald auf.“ Zudem seien herunterhängende Äste und Büsche zu beschneiden, um die Wege frei zu halten. Ein Teil der Bäume werde auch liegen gelassen, auch als Anschauung für Kinder, was die Natur damit macht. „Aber am Ende muss es doch immer ordentlich aussehen.“

Und sollte es unmittelbar auf oder an der Festung brennen, sind die Gärtner auch Feuerwehrleute – wie alle männlichen Beschäftigten. „Die Mischung ist es, die das hier oben ausmacht“, sagt Häntsch. Von groben Arbeiten wie Mähen bis zur Floristik: „Wir sind hier ja auch so etwas wie Mädchen für alles, bei Veranstaltungen, Hochzeiten und Feiern oder dem jährlichen Weihnachtsmarkt“, so Häntsch. „Und gerade haben sie einen Festungs-Spielplatz gebaut. Es wird nicht langweilig“, auch wenn es historische Vorgaben gibt. Etwa muss es Pflanzen geben wie die, die einst die Kanonen und Festungsanlagen tarnten. So sollen Gewächse mit spitzen Stacheln Besucher:innen abhalten, die historischen Wälle zu erkunden oder dort zu spielen. „Denn gleich dahinter geht es metertief nach unten.“

Hofgarten Königstein: Eine lebende Ausstellung

Maulbeeren im Hofgarten der Festung Königstein © iStock/Zwo hoch 3 - Pixelwerk - Kevin Walther
Auch Maulbeeren wachsen im Hofgarten der Festungsanlage Königstein.

Überall zwischen den Gebäuden blüht und summt es, auf der Wiese sitzen dicke Hummeln, im Schmetterlingsgarten sind die Knospen der Pfingstrosen dick gefüllt. Hinter dem sanierten Schatzhaus wachsen Bohnen, Erbsen, Möhren, Kartoffeln oder Mangold – aber auch Brombeeren, Himbeeren, Fenchel und alte Heilkräuter von Pfefferminz bis Lavendel, wie früher. „Viele Menschen, vor allem aus Städten, wissen gar nicht mehr, was früher alles selbst angebaut wurde“, sagt Häntsch. Insofern sei der kleine Garten „eine lebende Ausstellung“.

Was geerntet wird, nehmen Beschäftigte mit, kommt in die Festungsgastronomie oder ins jährliche Heerlager am Fuße des Felsplateaus. Und von den Obstbäumen dürfen alle naschen: Kirschen, Äpfel, Birnen, Pflaumen. Im „Garten Eden“ ist gerade Hochzeit, das Gras steht schnell wieder hoch. Dabei rücken allmorgendlich, drei Stunden vor Öffnung des Areals, Rasentraktoren oder Männer mit Sense auf gewölbten Flächen wie dem begrünten Geschossmagazin aus – wobei sie sich an abschüssigen Stellen schonmal mit einem Seil sichern müssen.

Danach muss gegossen werden: Beete, Rabatten, Kübelpflanzen, wobei das Wasser dafür aus dem 157 Meter tiefen Brunnen und den alten Zisternen genutzt wird. „Wenn wir auf der einen Seite fertig sind, können wir hinten wieder anfangen“, lacht Häntsch. Das Schnittblumen-Areal für den frischen Strauß in der Festungskirche, den Altar, Blumenschmuck, Gestecke für Hochzeiten oder die Deko bei Veranstaltungen: „Machen wir alles selbst“, sagt Häntsch.

Geschichte und Nutzung des Hofgartens

Der Mittfünfziger wollte schon immer „Hofgärtner“ werden. „Und das geht im Zwinger, in Schloss Pillnitz, dem Barockgarten Großsedlitz oder eben auf dem Königstein“, sagt er. 2011 dann bekam der Dresdner, für den Gärtner „Berufung“ ist, die Chance fürs Leben – und er schreibt ein Stück Geschichte fort. Denn die Bewohner:innen auf dem prominenten Tafelberg haben sich von jeher selbst mit Obst und Gemüse versorgt, Freiflächen auch zur Erholung und bepflanzten Wehrbauten zur Tarnung genutzt.

Erste Soldatengärten sind nach den jüngsten Forschungen schon um 1700 nachweisbar, im 18. Jahrhundert wurde jede Fläche bewirtschaftet und auch die felsigen Löcher bei den Kasematten terrassiert. Die mittelalterliche böhmische Königsburg war später Kloster, Landesfestung, höfischer Festort, Kunstdepot, Gefängnis. Seit 1955 ist es ein Freilichtmuseum und seit der Wende in Landesbesitz.

Inzwischen gibt es auch eine Wildblumenwiese, die unangetastet bleibt, für zwei auf dem Areal lebende Bienenvölker. „Seit zwei Jahren machen wir auf dem Königstein Honig“, erzählt Häntsch. Und die Grünflächen im Bärenzwinger werden von vierbeinigen Kollegen in Form gehalten: den drei Ziegen. „Die Mauer da war immer grün“, sagt Häntsch. Die Tiere kletterten auch dort und zupften jeden Stängel weg.

-Simona Block, dpa

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