© Andreas Dahlmeier
Sehenswürdigkeiten

Sehenswürdigkeiten in Kassel: Kunst zwischen Schlössern und Auen

Zwischen dem prächtigen Schloss Wilhelmshöhe, dem Fridericianum und der weitläufigen Karlsaue treffen Welterbe, Kultur und bedeutende Kunst aufeinander. Nicht nur anlässlich der Documenta lohnt ein Besuch in Kassel.

Zum 15. Mal feiert Kassel in diesem Jahr die weltbekannte Documenta. Im Sommer verwandelt sich die hessische Stadt in eine Galerie für moderne Kunst. Neben den Schauplätzen der Ausstellung reizen auch andere Orte mit ihrer Geschichte, Kultur und Architektur. Entdecken Sie zwölf besondere Sehenswürdigkeiten von Kassel! Und wer nach mehr Ruhe sucht, wird im Kasseler Umland und Nordhessen fündig. 

1

Kulturbahnhof

© Andreas Dahlmeier

Cineasten schätzen die BALi-Kinos; wer raffinierten Humor mag, kommt in die Caricatura – Galerie für Komische Kunst. Jugendliche treffen sich zu Musik-Workshops im Klang Keller, und im Stellwerk gibt es wechselnde Ausstellungen. Keine Frage: Mit der Eröffnung des ICE-Bahnhofs Wilhelmshöhe ist der ehemalige Hauptbahnhof als Kulturbahnhof ein Mekka für Kulturliebhaber geworden. „Seit Mitte der 1990er Jahre haben sich hier Werkstätten, Studios und Ateliers verschiedener Kreativ-Institutionen angesiedelt, vom Bürgerfunk bis zum Zentrum für Architektur“, sagt Christoph Langguth vom „KulturBahnhof Kassel e.V.“ Jüngstes Projekt ist die Tubestage, eine Open-Air-Bühne für Livemusik, Tanz und Lesungen auf dem stillgelegten Bahnsteig 2. Besonders schöne Kulisse der Events: die spektakulären Sonnenuntergänge über der Gleisanlage.

2

Documenta-Kunst

© Georg Knoll

Das „ruruHaus“ ist nicht nur Hauptquartier für die Documenta, die vom 18. Juni bis zum 25. September 2022 in Kassel stattfindet. Sondern auch ihr Symbol. „Es ist die erste Documenta, die mit der indonesischen Gruppe Ruangrupa von einem Kollektiv kuratiert wird“, sagt Sabine Schormann, Genraldirektorin der „documenta und Museum Fridericianum gGmbH“. Seit 2018 leitet sie die Planung der bedeutenden Ausstellungsreihe für zeitgenössische Kunst. Sie hat die „documenta fifteen“ wachsen sehen, vom ruruHaus aus: Zwei der Ruangrupa-Künstler leben seit 2019 in der Stadt, haben das „Hauptquartier“ zu einem Ort der Begegnung gemacht – mit den anderen Gruppenmitgliedern, vor allem aber mit den Menschen aus Kassel. „Nongkrong“ ist das indonesische Wort für „gemeinsam abhängen“, und genau das ist ein zentrales Element für die Arbeit von Ruangrupa. Hier im „ruruHaus“ wird die künstlerische Praxis geformt, die der „documenta fifteen“ zugrunde liegt – durch Veranstaltungen und Diskussionen. Weitere Documenta-Werke finden Sie zum Beispiel hier:

Fridericianum 

Herz jeder Documenta und wichtiger Ausstellungsort für zeitgenössische Kunst. 

Penone-Baum 

Dieser bronzene Baum in der Karlsaue trägt einen Findling: ein Werk von Giuseppe Penone mit dem offiziellen Titel „Idee di Pietra“. 

Himmelsstürmer 

Vor dem Kulturbahnhof, dem früheren Hauptbahnhof, steht das Werk „Man Walking To The Sky“ von Jonathan Borofsky (1992).

Fremdlinge und Flüchtlinge 

Der Obelisk von Olu Oguibe, errichtet zur 14. Documenta, mahnt die Passanten zu Aufgeschlossenheit, Mensch- lichkeit und Mitgefühl.

3

Staatstheater

© Tim Langlotz

Der erste Anblick täuscht. Denn der von Paul Bode entworfene 1950er-Jahre-Bau, in dem Schauspiel- und Opernhaus untergebracht sind, erweckt zunächst einmal nicht den Eindruck von langer Historie. „Dabei ist die Geschichte des institutionellen Theaters und Orchesters in Kassel so traditionsreich wie in kaum einer anderen Stadt Deutschlands“, sagt Intendant Florian Lutz. Zu Beginn des 17. Jahrhunderts wurde das erste fest stehende Theatergebäude Deutschlands errichtet, und das Staatsorchester blickt sogar auf eine mehr als 500 Jahre lange Geschichte zurück. Ein Erbe, an das das Mehrspartenhaus in einer – wie Lutz sagt – „fortwährenden Dialektik von Bewahrung und Innovation“ anknüpfen möchte. Davon können sich die Zuschauer bei jährlich rund 30 Neuinszenierungen im Bereich Musik-, Sprech- und Tanztheater selber überzeugen.

4

Sehenswürdigkeiten von Kassel: Die Markthalle

© Andreas Dahlmeier

Die Markthalle ist ein Ort, an dem sich alle wohlfühlen: Anwohner erledigen routiniert ihren Wocheneinkauf, neue Nachbarn ziehen gemächlich von Marktstand zu Marktstand, um das reiche Angebot an frischem Ge­müse, Feinkostspezialitäten, Wurst, Wein und Käse zu studieren. Und Stadtbesucher bestaunen das ehema­lige Marstall-­Gebäude zwischen Königsplatz und Fulda, das um 1590 errichtet wurde und in dem lange Zeit die Pferde und Kutschen des Landgrafen untergebracht waren, außerdem eine Bibliothek, eine Kunstsammlung und eine Schneiderei. Im Zweiten Weltkrieg brannte das Gebäude aus, ab 1962 wurden die Ruinen abge­rissen und zu einem großen Teil aus den dabei anfallen­ den Steinen neu wiederaufgebaut. 

Seit einem Umbau im Jahr 1994 und einer Erneuerung von Dach und Fenstern im Jahr 2008 hat das Haus mit den kunstvoll verzierten Giebeln seine jetzige Form. Die Nutzung ist heute ungefähr so vielfältig wie zu seiner Entstehung. Neben dem Stadtarchiv und einem Medienzentrum findet sich in der Markthalle Kassel auf zwei Geschossen ein Wochenmarkt. An den rund 70 verschiedenen Ständen und Cafés lockt eine große Vielfalt aus Fleisch und Käse, Blumen und Kuchen, Eiern und Nudeln – viele Besucher kommen auch einfach nur zum Essen hierher und genießen Leckereien aus der deutschen, däni­schen, italienischen und chinesischen Küche. Aber das Schönste ist vielleicht, wie an jedem Markt: das Schlendern der Anderen.

5

Naturkundemuseum

© Stadt Kassel

An Hinguckern mangelt es in dieser Sehenswürdigkeit von Kassel sicherlich nicht. Wollmammuts streifen durchs Dickicht, Dinosaurier bäumen sich auf, und ein Höhlenbär präsentiert sein mächtiges Gebiss. Andere Schätze des Naturkundemuseums offenbaren sich erst beim näheren Hinsehen, etwa die zierlichen gepressten Pflanzen in einem der ältesten Herbarien Europas aus dem 16. Jahrhundert. Star der Sammlung ist jedoch für viele der „Goethe-Elefant“. Der Dichterfürst persönlich nutzte im 18. Jahrhundert den Schädel für seine Forschungsarbeiten, um die nahe Verwandtschaft von Mensch und Tier zu beweisen. Nicht minder interessant ist die Geschichte des Gebäudes, in dem das Museum untergebracht ist. Das Ottoneum wurde 1606 als erster feststehender Theaterbau Deutschlands errichtet. Und mit runden Sprossenfenstern, Säulen und verspieltem Giebel ist es natürlich auch selber ein Hingucker.

6

Museum für Sepulkralkultur

© Gulliver Theis

Nicht jedem mag der Begriff „Sepulkralkultur“ auf Anhieb etwas sagen. Aber angesichts von Sensenmann-Skulpturen, Särgen und Grabsteinen wird schnell klar: Hier geht es um den Tod. Oder, wie Dirk Pörschmann es ausdrückt, „um die Endlichkeit des Lebens in all ihren Facetten“. Dennoch, so der Direktor des Museums für Sepulkralkultur, sei die Ausstellung über Todesursachen, Sterbeprozess und Beisetzungsrituale dem Leben zugewandt. Es gibt für Komik, etwa in Form von Karikaturen, ebenso Raum wie für Trauer oder philosophische Gedanken. Dabei setzt dieses besondere Museum auf eine Mischung von historischen Exponaten und modernen Medien. 

7

Kurbad Jungborn

© Gulliver Theis

Seit der Zeit um 1870 gab es an der Fulda das Kurbad Jungborn, bis 1997 wurde hier noch ein medizinischer Badebetrieb aufrechterhalten. Ein von Anwohnern gegründeter Verein setzte sich für den Erhalt der vom Verfall bedrohten Anlage ein, seit 2011 ist das denkmalgeschützte Kurbad Jungborn saniert. Heute beherbergt das einstige Bad ein Museum, es ermöglicht mit Ausstellungen und historischen Exponaten wie dem Nachbau eines Badezimmers von 1930 faszinierende Einblicke in die hygienischen Zustände vergangener Zeiten. In dem Gebäude liegt auch ein „Kollektivcafé“ mit Terrasse, gearbeitet wird selbstbestimmt und so hierarchiearm wie möglich. Manchmal finden dort auch Kulturveranstaltungen statt – hach, wenn man diesen schönen Ort nach dem Besuch einfach mit nach Hause nehmen könnte! Können Sie: Im Café gibt es das Kurbad als Bastelbogen für daheim.

8

Grimmwelt

© Gulliver Theis

Da haben sich Jacob und Wilhelm Grimm wohl verzettelt, das macht dieses Ausstellungshaus über die beiden Märchen-Brüder gleich am Anfang klar: Mehr als 1100 Zettel hängen da dicht an dicht, Faksimile ihrer Notizen für ihre Arbeit am Deutschen Wörterbuch. Das sollte, so der Plan, sechs oder sieben Bände umfassen, die Arbeit nicht länger als zehn Jahre dauern. Am Ende aber waren es mehr als 120 Jahre. 1961 erschien, etwa 100 Jahre nach dem Tod der Brüder Grimm, der 32. und letzte Band. Insgesamt wiegt das Wörterbuch, kurz auch „der Grimm“, mehr als 80 Kilo. Hier in der Grimmwelt nimmt die Jahrhundertaufgabe einen riesigen Komplex von A bis Z ein; ein weiterer ist – natürlich – den bekannten Märchen gewidmet, die sie so akribisch gesammelt haben wie die Wörter der deutschen Sprache. 2015 eröffnete dieses Haus in Kassel, wo Jacob und Wilhelm Grimm den Großteil ihres Lebens verbrachten. Noch im selben Jahr wurde es von der britischen Tageszeitung „The Guardian“ zu einem der zehn besten neuen Museen der Welt gezählt. 

Erfahren Sie hier mehr über die Grimmheimat in Hessen

9

Orangerie

© Andreas Dahlmeier

Die 140 Meter lange Orangerie am nördlichen Rand der Karlsaue ist der wohl eleganteste Barockbau in Kassel, im Abendlicht leuchtet ihre gelbe Fassade besonders schön. Sie wurde zwischen 1701 und 1710 erbaut und diente mit ihren beiden großen Eckpavillons Landgraf Carl als Sommerresidenz – ihren Namen hat die Orangerie von den vielen Orangen- und Lorbeerbäumen, die in diesen eleganten Räumen einst überwintern durften. Im Zweiten Weltkrieg brannte das Gebäude aus, 1959 diente seine Ruine als Kulisse für die zweite Documenta. Heute beherbergt die behutsam renovierte Anlage das Astronomisch-Physische Kabinett mit seiner bedeutsamen Sammlung historischer wissenschaftlicher Instrumente. Aktuell ist die Sammlung noch geschlossen, aber vielleicht tröstet Sie ja ein leckeres Stück Kuchen vom „Restaurant Grischäfer“ darüber hinweg.

10

Karlsaue

© Andreas Dahlmeier

Gastgeberin der Bundesgartenschau in den Jahren 1955 und 1981, beliebter Ausstellungsort der Documenta, Aufführungsbühne für Freiluftveranstaltungen und so vieles mehr: Die Karlsaue, meistens einfach nur „Aue“ genannt, ist das grüne Herz der Stadt und eine ständige Open-Air-Arena. Als einer von nur drei Staatsparks in Hessen blickt die Grünanlage, die sich über 150 Hektar erstreckt, auf eine mehr als 400-jährige Geschichte zurück. Von 1570 bis 1680 wurde dort ein erster großer Renaissance-Garten angelegt, es war der erste botanische Garten der Stadt. Um 1700 bekam die Anlage eine streng geometrische und symmetrische Form mit Wasserbecken und fächerähnlich verlaufenden Kanälen im damaligen Stil des Barocks, die Sicht- und Bedeutungsachsen aus dieser Zeit prägen das Areal bis heute. Ihre heutige Form als Landschaftsgarten im englischen Stil bekam die Karlsaue Ende des 18. Jahrhunderts – die weite Fläche eignet sich wunderbar für lange Spaziergänge und ausgiebiges Joggen. Ein Highlight ist am südlichen Ende der Aue die Blumeninsel Siebenbergen: Sie verwandelt sich im Frühling mit ihren Zehntausenden von Frühblühern in ein Farbenmeer, in dem Narzissen, Tulpen und Hyazinthen, aber auch Lerchensporn und Märzenbecher um die Wette leuchten.

11

Schloss Wilhelmshöhe

© Andreas Dahlmeier

Der Architekt Simon Louis Du Ry entwarf die Pläne für das ab 1786 entstandene Bauwerk mit dem prächtigen Mitteltrakt, seine heutige Form erhielt das Schloss Wilhelmshöhe am Fuße des Bergparks im 19. Jahrhundert unter Kurfürst Wilhelm II. Es diente bis 1866 den Landgrafen und Kurfürsten von Hessen-Kassel als Residenz, wurde kurzzeitig zum Gefängnis für Napoleon III. nach der Niederlage im deutsch-französischen Krieg (1870) und später wieder Sommerresidenz der preußischen Könige und deutschen Kaiser. Heute befindet sich im Schloss Wilhelmshöhe die Gemäldegalerie Alte Meister – der Bestand an Werken Rembrandts zählt zu den größten weltweit. Rund 500 Gemälde bieten einen Überblick über die europäische Malerei von der Spätgotik bis zum Klassizismus, ergänzt durch Antikensammlung und Graphische Sammlung. Wechselnde Ausstellungen nehmen aktuelle Motive auf und setzen sie in einen kunsthistorischen Kontext, in der Vergangenheit gehörten dazu Themen wie die Rolle der Frau in der Kunst.

12

Bergpark Wilhelmshöhe

© Andreas Dahlmeier

Ursprünglich konnte man die Botschaft zum Bergpark Wilhelmshöhe an die Menschen mit zwei Worten zusammenfassen: „Alles meins!“ Landgraf Carl von Hessen-Kassel ließ den 560 Hektar großen Park anlegen, eine begrünte Wundertüte aus Tempeln und Teichen, Grotten und Brücken, Gärten und Beeten, umgeben von Wiesen und Wäldern, durch die endlos erscheinende Pfade mäandern. Als Krönung der landgräflichen Schöpfung steht auf einem Berg der Herkules auf seinem Oktagon, einem achteckigen Bauwerk, vor dem eine Serie aus Wasserbecken liegt. 

Für die 250 Meter lange Anlage wurde ein italienischer Architekt namens Giovanni Francesco Guerniero bemüht. Von Mai bis Oktober finden mittwochs, sonntags und an Feiertagen die Wasserspiele statt: Dann stürzen 750 Kubikmeter Wasser von Becken zu Becken dem Schloss entgegen, bis sie im Neptunbassin mit der Statue des Herrschers der Ozeane ankommen – ein Schauspiel, das schon seit etwa 300 Jahren die Menschen in Kassel und ihre Besucherinnen und Besucher entzückt. Der Bergpark Wilhelmshöhe gilt als der größte Bergpark Europas und zählt seit 2013 als Gesamtkunstwerk aus Parkanlage und Wasserspielen zum Weltkulturerbe der UNESCO.

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