Gestrichene Flüge, geschlossene Airports: Wenn Pilot:innen, Boden- oder Sicherheitsmitarbeitende streiken, steht der Urlaub auf der Kippe. Was Reisende tun können und welche Rechte sie haben, erfahren Sie hier.
Der große Warnstreik am Montag, den 27. März 2023, wird viele Reisepläne durcheinander wirbeln. Bereits am Sonntag sind Auswirkungen zu befürchten. Der Flughafen in München etwa teilte mit, dann schon keinen regulären Betrieb mehr aufrechterhalten zu können. Bundesweit kommt es zu Streiks und Einschränkungen an Flughäfen, so etwa auch in Stuttgart, Frankfurt und Hamburg.
Flugreisende müssen sich also auf Verspätungen und zahlreiche Flugausfälle einstellen. Die Warnstreiks können zudem auch Auswirkungen auf Verbindungen an anderen Flughäfen haben.
Wie kommen Betroffene dennoch ans Ziel und wie stehen die Chancen auf Entschädigung? Wir informieren, welche Rechte Reisende haben und woran Sie auf jeden Fall denken sollten.
Ob ein Flug stattfindet, erfahren Reisende in der Regel bei ihrer Fluggesellschaft. Bei der Airline sollten sich Reisende als erstes über den Flugstatus informieren. Airports, die den Betrieb einstellen, brauchen Passagier:innen am Freitag gar nicht erst ansteuern. Die Flughäfen München und Frankfurt beispielsweise haben Fluggäst:innen ausdrücklich dazu aufgerufen, nicht zum Airport zu kommen.
Laut EU-Recht gilt grundsätzlich: Wenn der Flug ausfällt oder sich mehr als drei Stunden verspätet, muss die Airline eine alternative Beförderung anbieten. Das kann die Umbuchung auf einen anderen Flug sein. Oder der Umtausch des Flugtickets in eine Bahnkarte, was vor allem bei innerdeutschen Flügen oder Verbindungen in grenznahe Städte wie Basel oder Salzburg oft angeboten wird. Dies passiert oft automatisch.
Die Lufthansa etwa bietet eine Service-Seite für Passagiere an, die von Flugunregelmäßigkeiten betroffen sind. Ein Chat-Bot soll dort beispielsweise bei kurzfristigen Umbuchungen unterstützen.
Bietet die Airline die Umbuchung nicht von selbst an, sollten Betroffene ihr eine Frist zur Beschaffung der Alternative setzen. Als angemessenes Zeitfenster für die Frist sieht Reiserechtler Paul Degott zwei bis drei Stunden nach der geplanten Abflugzeit.
Bei dieser Nachricht sollten Fluggäst:innen auch ankündigen, sich sonst selbst um eine alternative Beförderung zu kümmern und die Airline für dadurch anfallende Zusatzkosten - etwa für den neuen Flug und eventuelle Zwischenübernachtungen - in Anspruch zu nehmen. Degott erklärt: „Diese Ankündigung ist wichtig, damit sich die Airline am Ende nicht herausreden kann.“ Es ist wichtig, Rechnungen und Quittungen als Nachweise in so einem Fall gut aufzuheben.
Streik am Flughafen: Wann gibt es Geld zurück?
Bei Annullierungen und Verspätungen ab fünf Stunden haben Reisende auch die Option, das Geld für ihr Ticket samt gezahlten Steuern und Gebühren zurückzuverlangen. Dann ist man aber auch selbst dafür verantwortlich, wie man weiterkommt.
Aus dem Grund rät etwa Reiserechtler Degott, lieber die Airline in der Pflicht zu lassen, dort unter Fristsetzung auf Ersatzbeförderung zu pochen - und sich dann gegebenenfalls selbst zu kümmern und sich die anfallenden Kosten von der Airline erstatten zu lassen.
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Bei Pauschalreisen sind die Reiseveranstaltenden in der Pflicht, sich um eine alternative Beförderung zu kümmern. Laut der Verbraucherzentrale können Reisende bei einer Verspätung von mehr als fünf Stunden den Reisepreis mindern. Dazu sollte man die Verspätung dem veranstaltenden Unternehmen umgehend melden.
Unter bestimmten Umständen ist laut Degott eine Stornierung der Reise denkbar – etwa, wenn sich ein Kurzurlaub durch den Streik erheblich verkürzt. Streikt wie in diesem Fall das Bodenpersonal der Lufthansa, also einer Fluggesellschaft, haben Reisende außerdem Recht auf Ausgleichszahlungen nach der EU-Fluggastrechte-Verordnung.
Haben Reisende Recht auf Entschädigung?
Die EU-Fluggastrechte-Verordnung sieht bei Verspätungen ab drei Stunden am Zielort sowie kurzfristigen Flugabsagen unter gewissen Voraussetzungen Ausgleichszahlungen in Höhe von 250 bis 600 Euro pro Passagier:in vor. Für die Höhe ist unter anderem die Länge der Flugstrecke maßgeblich. Ob Reisende diese Gelder bei Flugproblemen in Folge eines Warnstreiks einfordern können, hängt vereinfacht gesagt vor allem davon ab, wer konkret streikt.
Wenn es sich um Streiks des Flughafenpersonals und nicht um Streiks der Mitarbeitenden der Airlines oder ihrer Subunternehmen handelt, haben Fluggäst:innen in der Regel keinen Anspruch auf Entschädigung gemäß EU-Recht, da solche Streiks als außergewöhnliche Umstände gelten.
Dennoch sind die Fluggesellschaften nicht ganz aus der Pflicht. Sie müssten trotzdem nachweisen können, so Claudia Brosche vom Fluggastrechte-Portal Flightright, dass sie mit allen Mitteln versucht haben, die Verspätung oder den Ausfall des Fluges zu verhindern beziehungsweise eine schnellstmögliche Ersatzbeförderung zur Verfügung zu stellen. „Gelingt ihnen das nicht, können Flugreisende trotzdem Anspruch auf Entschädigung geltend machen.“
Wichtig zu wissen: Der Anspruch auf Ersatzbeförderung oder eben Rückerstattung der Ticketkosten besteht in jedem Fall und unabhängig davon, ob Passagier:innen auch eine Entschädigungszahlung zusteht.
Gestrandet am Flughafen: Was ist zu tun?
Wer an einem Flughafen festsitzen sollte, weil zum Beispiel der Flieger in Richtung Deutschland nicht abhebt, kann bei mehr als zwei Stunden Verspätung bei der Airline die Versorgung mit Mahlzeiten und Getränken einfordern, informiert das Fluggastrechte-Portal Airhelp. Außerdem müsse die Fluggesellschaft es einem dann möglich machen, zwei Telefonate zu führen oder zwei E-Mails zu senden.
Bei streikbedingten Annullierungen kann man auf eine alternative Beförderung pochen. Falls der Ersatzflug erst am nächsten Tag oder in den nächsten Tagen stattfinde, müsse die Airline Passagier:innen in einem Hotel unterbringen und die Fahrten dort hin und zurück organisieren, so die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Bei Pauschalreisen ist der Reiseveranstalter in der Pflicht, sich darum zu kümmern.
- dpa
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