© Tim David Müller-Zitzke
Sehenswürdigkeiten

Bremerhaven mausert sich: Ein Stadtrundgang

Bremerhaven ist ein großer Spielplatz für Unternehmer und Kreative. Groß genug, um verrückte Dinge machen zu können, aber noch nicht überflutet mit Menschen und Ideen. Der Filmproduzent Tim David Müller-Zitzke zeigt die faszinierenden Seiten seiner Wahlheimat.

Datum 09.06.2021

Der Filmproduzent und Fotograf Tim David Müller-Zitzke findet vor seiner Haustür Weite, einen grandiosen Architektur-Mix und eine Stadt, die wie Himmel und Meer immer in Bewegung ist. Uns zeigt der Wahl-Bremerhavener seine Lieblingsorte. 

Alles neu am Hafenbecken

Mein Rundgang beginnt am Hafenbecken, am fast 170 Jahre alten Leuchtturm aus Backstein, mit Blick auf die sehr viel jüngeren touristischen Highlights, die zusammen das Stadtviertel Havenwelten bilden: das Klimahaus, das Auswandererhaus, das alles in der Stadt überragende Atlantic Hotel Sail City mit seiner Aussichtsplattform in 86 Metern Höhe. Als ich 2013 hierher zog, waren Klimahaus und Hotel vor Kurzem eröffnet, die meisten Häuser daneben standen noch nicht.

Zoo und Strandbad

© Wolfhard Scheer

Weiter geht es zum Deich, wo der kleinste Zoo Deutschlands seinen Platz hat: der Zoo am Meer. Ganz so winzig, wie er wirkt, ist er gar nicht, denn er erstreckt sich über mehrere Etagen. Zu sehen gibt es Robben, Pinguine, Eisbären. 

Und wir haben auch einen Stadtstrand, das Weser-Strandbad. Wenn du da liegst und ein Foto mit dem Atlantic Sail City machst, könnte man denken, du wärst in Dubai. Passend dazu liegt gleich neben dem Hotel ein Shopping-Outlet und vor diesem wiederum eine große Freifläche. Die bespielt ein Freund von mir, der aus der Schweiz kommt: im Winter mit dem Chässtübli, einer Käsefondue-Hütte, und im Sommer mit der Vinelis-Havenlounge, einer Beachbar mit Sand und Liegestühlen. Die Bar ist der neue Treffpunkt am Deich und bei schönem Wetter – und wenn die Bedingungen es möglich machen – rappelvoll.

Virtuell auf der „Polarstern“

© Hauke Dressler/DSM

Das spitze Dach, das daneben aufragt, gehört dem Deutschen Schifffahrtsmuseum, das ich auch sehr empfehlen kann. Die zeigen immer tolle Sonderausstellungen, 2020 war das etwa eine virtuelle Forschungsreise mit der „Polarstern“. Das Schiff wird ja vom hier ansässigen Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung betrieben. Als es vor Kurzem wieder in die Antarktis ausgelaufen ist, standen alle am Deich und haben gewunken. Da war die Bremerhavener Aufbruchsstimmung wieder sehr präsent.

Sich als Auswanderer erleben

© Deutsches Auswandererhaus/ Stefan Volk

Apropos Aufbruchsstimmung: Selbst erleben kann man sie im Deutschen Auswandererhaus, wo man interaktiv auf Reisen geht – mit der Identität einer Auswanderin oder eines Auswanderers. Das Haus hat gerade einen großen Neubau bekommen. Sein Nachbar ist das Hotel The Liberty, das eine tolle Rooftop-Bar hat. Von dort oben blickt man auf das Hafenbecken und kann dazu feine Getränke genießen.

Fischgerichte, gehoben oder basic

Für ein gehobenes Mittagessen mag ich ein paar Häuser weiter das Pier 6. Da wird Scholle oder Braten serviert, man sitzt schön draußen, über einem kreisen die Möwen. Oder ganz basic, aber auch lecker: Fisch und Pommes vom Kutter Klibfisch, einem Boot, das gegenüber vor dem Klimahaus vertäut ist. Guten Fisch – manchmal auch mit Livemusik dazu – gibt es auch in der Letzten Kneipe vor New York.

Trip in die Überseehäfen

Damit sind wir bereits in den Überseehäfen, von denen man schon die Kräne sieht. Ich empfehle einen Trip in diese industrielle Ecke der Stadt sehr. Besonders nah kommt man dem Geschehen, indem man eine Hafenrundfahrt macht oder sich in den „Hafenbus“ setzt. Da sieht man, wie manchmal Tausende Autos entladen werden, auch kleine Flugzeuge und Landmaschinen, das ist eine tolle Kulisse! Mein Lieblingsort liegt kurz vor dem Industriehafen: der Pier Freilaufkanal. Wenn man dort bis ans Ende läuft, fühlt es sich an, als stehe man mitten im Wasser.

„Alte Bürger“: das junge Bremerhaven

Und von da ist es nicht weit in ein ganz anderes Bremerhaven: in das salopp so genannte Viertel „Alte Bürger“, der Teil, der im Zweiten Weltkrieg mit am wenigsten zerstört wurde. In Altbauten wohnen viele Studenten, es gibt viele kleine Galerien, Läden und Kneipen – vor allem entlang der Bürgermeister-Smidt-Straße. Leider habe ich es noch nie ins piccolo teatro geschafft, weil es, wie der Name schon sagt, klein und außerdem beliebt ist. Empfehlen möchte ich es trotzdem. Und nur ein paar Häuser weiter: das Findus, das sich selbst „die gute Stube für Esskultur“ nennt. Dort backen sie selbst und bieten vegane Speisen an. Man sitzt gemütlich, und es gibt eine kleine Bühne für Livemusik.

Mehr frische Fische

© Isabela Pacini

Der alte Fischereihafen wurde in den neunziger Jahren in eine Flaniermeile namens Schaufenster Fischereihafen umgestaltet. Gute Matjes- oder Aalbrötchen, Frisch- und Räucherfisch bekommt man dort seit mehr als 100 Jahren etwa bei „Fiedlers Fischmarkt“, frische Krabben vom Krabbenkutter „Steinbock“, Fischgerichte in verschiedenen Restaurants von bodenständig bis gehoben. Der schönste Weg von den Havenwelten zum Fischereihafen: mit dem Wassertaxi „Lottjen“.