Von Margaritas und Übergepäck: Auf Reisen mit Sibel Kekilli

Sibel Kekilli gehört zu den markantesten deutschen Schauspielerinnen und hat sich auch international einen Namen gemacht. Bekannt wurde sie durch preisgekrönte Filme wie „Gegen die Wand“ (Regie: Fatih Akin) und „Die Fremde“ (Regie: Feo Aladağ). Einem weltweiten Publikum ist sie als Shae aus der HBO-Erfolgsserie Game of Thrones in Erinnerung geblieben. In Deutschlands Wohnzimmern war sie zudem als Kommissarin im Kieler Tatort jahrelang eine feste Größe.
Neben ihrer Karriere als Film-, Theater- und Serienschauspielerin engagiert sich Sibel Kekilli seit Jahren für Frauenrechte und Umweltschutz. Für ihre Arbeit reist die gebürtige Heilbronnerin durch die ganze Welt. Im Merian-Interview spricht Sibel Kekilli über ihre liebsten Reiseziele, wie sie es mit Sonnenschutz hält und über die Traumziele, die noch auf ihrer Bucket List stehen.
Merian: Welches Souvenir überlebt jeden Umzug?
Sibel Kekilli: Eigentlich kaufe ich so gut wie nie Souvenirs. Bei meinem letzten Ägyptenbesuch allerdings habe ich mir einen kleinen Anhänger – ein sog. Horusauge – gekauft. Dieses Auge darf mich jetzt auch gerne auf weiteren Reisen begleiten.
Was packst du immer ein und benutzt es nie?
Joggingschuhe. Die habe ich wirklich immer dabei, obwohl ich Joggen hasse! Da gehe ich dann doch lieber im Hotelpool frühmorgens schwimmen, wenn alle anderen noch schlafen.
Welche Spezialität ist eine Reise wert?
Die Margaritas in Santa Fe, New Mexico, stehen bei mir ganz oben auf der Liste. Vor allem die im Tomasita’s. Ich glaube, auf deren Karte stehen 50 Variationen und natürlich gibt es dazu sehr gute und sehr scharfe mexikanische Küche.
Welche Orte suchst du an einem neuen Ort immer auf?
Ich liebe Kirchen. Wenn es nicht gerade der Petersdom in Rom ist, finde ich Kirchen sehr beruhigend, und man kann sich kurz abkühlen. Auch Friedhöfe, etwa in New Orleans, wo die Gräber über der Erde sind, besuche ich regelmäßig. Ich finde es interessant zu sehen, wie eine Kultur mit dem Tod umgeht.
Travel Essentials, die auf Reisen nicht fehlen dürfen?
Meine Reiseapotheke, die ist bei mir allerdings fast ein kleiner Schrank. Eine Kreditkarte und starker Sonnenschutz, da bin ich wirklich sehr streng. Dazu viele „echte“ Bücher, also keine auf einem E-Reader. Dafür mag ich das gedruckte Buch viel zu sehr.
Apropos: Eine Reiselektüre, die du empfehlen kannst?
„James“ von Percival Everett. Mit seiner Geschichte von Huckleberry Finn aus einer ganz anderen Perspektive hat er 2025 den Pulitzer Prize for Fiction gewonnen. Gerade lese ich auch sein Buch „Erschütterung“.
Welcher Song ruft bei dir sofort Reiseerinnerungen hervor?
Ich versuche immer die Musik aus dem jeweiligen Land zu hören. Die lasse ich mir dann gerne von Leuten vor Ort empfehlen und gucke mir auch mal ein Konzert an.

Welche Orte besuchst du immer und welche vermeidest du?
Ruhige Orte wie Kunstmuseen oder Ausstellungen besuche ich gerne, überfüllte Touristen-Hotspots versuche ich zu vermeiden. Ich war zum Beispiel noch nie auf dem Eiffelturm. Und ich suche immer nach unscheinbaren Restaurants, wo viele Locals essen gehen.
Hast du eine Lieblingsentdeckung?
In Istanbul ist das sicherlich das Limonlu Bahçe, der Zitronengarten. Das Restaurant liegt ganz versteckt in einem Hinterhof nahe dem Taksimplatz. Ich kam rein, es war wunderbar ruhig und überall standen Zitronenbäume, es liefen ein paar Katzen und Schildkröten herum – in dem Moment war das für mich einfach das Paradies.
Wovon machst du unterwegs Fotos und an wen schickst du sie?
Ich fotografiere immer mein Hotelzimmer vor dem Check-out. Also wirklich alles, vom Badezimmer mit der Toilette bis zum Ausblick. Die Bilder schicke ich aber niemandem, die will nun wirklich keiner sehen.
Hast du eine Marotte, die deine Reisepartner in den Wahnsinn treibt?
Ich kann keine Pfandflaschen wegwerfen. Wenn ich nach Amerika fliege und im Flieger eine Pfandflasche bekomme, dann reist die so lange im Gepäck mit, bis ich wieder zu Hause bin. Da geht es mir gar nicht ums Geld, daheim stelle ich sie neben einen öffentlichen Mülleimer und freue mich, wenn sie jemand gebrauchen kann. Und am Strand kann ich nicht aufhören, Müll zu sammeln.
Und andersrum?
Wenn Leute im Urlaub kein Benehmen mehr haben und alles herumliegen lassen, weil sie meinen, irgendjemand räumt das schon weg. Ich mag es auch nicht, wenn Leute sich nicht die Mühe machen, wenigstens Hallo und Danke in der Landessprache zu lernen. Auch wenn ich vielleicht etwas verwechsle oder vergesse, ich finde, das gehört sich.
"Ich glaube, alle Touristen wünschen sich, nicht als Touristen erkannt zu werden."
Wer war der beste Reisepartner deines Lebens?
Mein Partner. Und einmal auch ein Fremder, der mir einen riesigen Gefallen getan hat: Ich bin mal auf dem Weg nach Santa Fe in Denver gestrandet, weil es einen Schneesturm gab. Es war mitten in der Nacht, nichts ging mehr. Aber da hat mich dann ein Mann angesprochen, ob ich auch nach Albuquerque muss und angeboten, gemeinsam ein Auto zu mieten. Erstmal habe ich mich gefragt, ob er mich vielleicht nicht doch umbringen möchte, aber ich war so übermüdet, dass ich einfach nur ankommen wollte. Es war alles etwas skurril, aber er hat sich total nett um alles gekümmert, ist wirklich die ganze Strecke allein gefahren und hat mich acht Stunden später heil am Hotel abgeliefert. Wir haben immer noch ab und zu Kontakt.
Wann bist du auf Reisen noch richtig aufgeregt?
Bevor ich zum Flughafen fahre. Da werde ich ein bisschen panisch, weil ich überlege, ob ich auch wirklich alles eingepackt und ausgeschaltet habe.
Welchen Luxus gönnst du dir unterwegs?
Bei langen Flügen versuche ich inzwischen doch Business Class zu buchen. Dazu individuelle, nette Hotels, in denen die Leute mit Herzblut dabei sind und sich zum Beispiel Mühe geben, den Gast mit Namen anzusprechen.
Wann hast du dir zuletzt gedacht, hier könntest du für immer bleiben?
Das denke ich dauernd. Zum Beispiel in Santa Fe, da habe ich viel Zeit verbracht, weil George R. R. Martin, der Erfinder von Game of Thrones, dort lebt. Es liegt etwa 2000 Meter über dem Meeresspiegel, das Licht dort ist wunderschön und nachts erscheint der Himmel unglaublich nah. Und es gibt erstaunlich viele Kunstgalerien.
Was sind deine Strategien für lange Wartezeiten?
Bücher, Magazine und Zeitungen, ich kaufe so viel wie möglich. Außerdem versuche ich entspannt zu sein, ich würde mich nie als erste irgendwo in eine Schlange stellen, es fliegen ja doch alle gleichzeitig los.
Welcher Gepäcktyp bist du?
Rollkoffer! Und richtig groß! Alles muss rein, weshalb es oft nicht nur bei einem bleibt. Dafür bin ich aber auch immer für Winter, Frühling, Sommer und Herbst ausgestattet.
Erkennt man dich als Tourist oder verschwindest du zwischen den Locals?
Ich glaube, alle Touristen wünschen sich, nicht als Touristen erkannt zu werden. Aber ich renne zumindest nicht mit Socken in Birkenstocks und großem Fotoapparat herum. Ganz verschwinden tue ich natürlich nicht, aber offenbar habe ich doch so ein Aussehen, dass ich zum Beispiel in Spanien auf Spanisch angesprochen werde, in Italien auf Italienisch, Frankreich auf Französisch und so weiter. Dann sind die Leute auch mal kurz irritiert, wenn sie merken, dass ich ihre Sprache gar nicht spreche.
Der schönste Ort, an dem du je warst?
Ich liebe Kenia, weil es so rau ist. Es ist natürlich leider auch sehr arm und als Tourist lebt man dort häufig in der „Naturerleben-Blase“, das lässt sich wohl nicht abstreiten. Aber wenn man für Dreharbeiten unterwegs ist, dann taucht man doch tiefer ein als ein normaler Tourist. Und Santa Fe ist und bleibt einer meiner Sehnsuchtsorte, an den ich immer wieder zurückkehre.
Welches Reiseziel steht noch ganz oben auf deiner Bucket List?
Ich würde gerne mal Polarlichter sehen, zu den Gorillas nach Uganda reisen und einmal im Leben im Orient Express fahren.