© Antonia Aust
Städtereise

Bezauberndes Bergen: Geheimtipps von Gunvor Rasmussen

Trotz des vielen Regens – es sind etwa 200 Tage im Jahr – ist Bergen eine bunte Stadt. Auch dank Gunvor Rasmussen. Die Illustratorin haucht auch regengrauen Tagen Farbe ein. Merian verrät sie ihre Tipps für Bergen - und wo die Stadt sich von ihrer schönsten Seite zeigt.

Datum 11.10.2023

Gunvor Rasmussen ist in Bergen geboren und aufgewachsen. Nach mehreren Jahren in Paris und London, wo sie unter anderem am renommierten Central St. Martins College für Kunst und Design studierte und nach eigenen Angaben viel zu viel Zeit in öffentlichen Verkehrsmitteln verplemperte, sehnte sie sich nach der Nähe zum Meer und dem überschaubaren Zentrum ihrer Heimatstadt. 

Mit ihren Illustrationen von Tiefseegeschöpfen, Figuren und Monstern bringt sie Farbe und den trockenen Humor der Norweger:innen in die oft regnerische Stadt. Als Illustratorin gestaltet sie Bücher, Werbeplakate internationaler Festivals und vieles mehr.

Was ihr besonders an ihrer Heimatstadt Bergen gefällt? Dass sie Gegensätze scheinbar mühelos vereint – wo sonst könnte ein alter Großsegler die hipste Bar der Stadt betreiben?! 

In Bergen liegen Meer und Berge nah beieinander, die Natur ist überall spürbar – und bietet etliche Möglichkeiten zur Freizeitgestaltung. Wir haben die Illustratorin in Bergen besucht und erfahren, welche Orte ihr besonders am Herzen liegen. Alle Geheimtipps für die Stadt verrät sie uns hier. 

Auch interessant:

Was ist so besonders an Bergen?

Stadtansicht Bergen © Antonia Aust
Eine „Mischung aus Altem und Neuem, das macht das Leben hier so interessant“, sagt Gunvor Rasmussen.

„Als ich in England studiert habe, habe ich mich immer über meine Mitstudierenden gewundert, die hassten ihre Heimatstädte und waren froh, da weg zu sein. Das habe ich nie verstanden: Ich liebe meine Stadt und habe sie immer vermisst, wenn ich anderswo gelebt habe. Als ich nach mehreren Jahren in England und Frankreich nach Bergen zurückkam, war ich völlig überwältigt vom Meeresgeruch hier, das war mir vorher nie richtig aufgefallen. Und alles ist so nah beieinander – ich kann im Meer schwimmen gehen und am gleichen Tag auf eine Bergspitze steigen, wenn ich das möchte. 

Die Nähe zur Natur ist in Bergen allgegenwärtig. Das klingt zwar abgedroschen, aber man lebt in einer Stadt, auch wenn es eine kleine Stadt ist, und ist der Natur trotzdem so nahe. Und gerade die Größe der Stadt macht das Leben hier so viel angenehmer als in London oder Paris. Man verschwendet nicht so viel Zeit in öffentlichen Verkehrsmitteln; in Bergen ist alles zu Fuß oder mit dem Fahrrad erreichbar. Hier gibt es diese Mischung aus Altem und Neuem, das macht das Leben hier so interessant.

Das schönste Quartier in Bergen: Skansen

© Antonia Aust
Im Café „Det Lille Kaffeekompaniet“ gibt es grandiosen Filterkaffee.
© Antonia Aust
In Bergen locken enge Gassen und charmante Holzhäuser.
© Antonia Aust
Auch eine tolle Adresse: die „Bergen Kaffebrenneri".

Am schönsten an Bergen finde ich das kleine Viertel Skansen, zwischen dem Hafen und dem Fløyberg, mit seinen schmalen Gassen und alten Holzhäusern. Ich habe das große Glück, hier in der Nähe zu wohnen. Die „Bergen Kaffebrenneri“ ist noch recht neu und liegt auf meinem Arbeitsweg; sie ist in einem der kleinen alten Holzhäuser untergebracht, die das Viertel prägen. Wenn man in den ersten Stock geht, schaut man direkt in die steilen Gassen, das ist einmalig. Und der Kaffee ist natürlich auch sehr gut. 

Kaffee ist überhaupt sehr wichtig in Norwegen, wir trinken sehr viel und gerne Kaffee, vor allem Filterkaffee. Deshalb gibt es auch so viele kleine Cafés in der Stadt. Das älteste ist „Det Lille Kaffekompaniet. Es ist sehr klein und süß, als wäre man an einem Filmset. Zugleich ist es der ideale Startpunkt, um die Gegend zu erkunden.

Lille Øvregaten: Die älteste Straße in Bergen

Weiße Holzhäuser in Bergen, Blick auf die Dächer der Stadt © Antonia Aust
In Bergen wimmelt es nur so von weißen Holzhäusern, die an Puppenhäusern erinnern – auch in der Lille Øvregaten.

Die Straße Lille Øvregaten ist eine der ältesten Straßen in Bergen. Hier liegt das Geschäft „Antonio Stasi“, das alte analoge Kameras verkauft und repariert. Herr Stasi ist wirklich ein Meister seines Fachs – und der Laden eine echte Schatzkiste. Schräg gegenüber ist das „Schau Design“, in dem Designermöbel der 60er und 70er Jahre verkauft werden. 

Und geht man diese Straße etwas weiter, findet man auf der linken Seite das „Blekk“ – eine kleine, bunte Galerie für Design und Illustration. Dort verkaufen sie übrigens auch einige meiner Illustrationen. Es ist wunderbar, durch die alten Straßen zu laufen; die Holzhäuser sind auch ein Grund, warum ich nach Bergen zurückgekehrt bin. Sie erinnern ein wenig an Puppenhäuser.

© Antonia Aust
Die malerischen Gassen von Bergen
© Antonia Aust
Blick auf den Hafen von Bergen
© Antonia Aust
Über der Lille Øvregaten thront unter anderem dieses pittoreske rote Holzhaus.

Bergens Musikszene: Insidertipps von Gunvor Rasmussen

In dieser Stadt hat man ein dörfliches Gefühl und steht trotzdem im Austausch mit dem Rest der Welt. Bergen ist kulturell sehr abwechslungsreich, gerade die Musikszene ist ziemlich bekannt. Kygo, die Kings of Convenience und Datarock, sie alle kommen alle von hier. Wenn man wissen möchte, welche Konzerte anstehen, sollte man in die „Apollon Platebar“ gehen – früher ein reiner Plattenladen, heute eine Bar. Mittlerweile gehen die Leute dorthin, um zu trinken, Musik zu hören – und kaufen dann doch wieder Platten. 

Bergen hat viele solcher Orte: Orte, die eigentlich eine bestimmte Sache sind – wie auch der Plattenladen – und gleichzeitig auch noch andere Zwecke erfüllen, ich liebe das. 

Eine andere Bar, die es meiner Meinung nach in keiner anderen Stadt geben könnte, ist die „Statsraaden Bar“. Sie gehört zu einem Großsegler, mit dem ich mal nach Jamaica gesegelt bin. Aber die Bar hat es erfolgreich vermieden, eine dieser altmodischen, holzvertäfelten Alt-Herren-Bars zu werden. Sie ist groß und hell, direkt am Wasser, und es gibt eine Bühne, auf der häufig junge Künstler:innen auftreten. Man muss aufpassen, dass man nicht zu später Stunde eine Reise mit dem Segelschiff bucht – das kann man dort nämlich auch direkt machen. Dass ein Schiff eine eigene Bar betreibt, das passt irgendwie zu Bergen.  

Die besten Bars und Cafés in Bergen

Plassen. in Bergen, Café/Bistro © Antonia Aust
Eine der besten Adressen zum Mittagessen ist das „Plassen.“

Coole Bars gibt es in Bergen jede Menge, das „Dark & Stormy" zum Beispiel, direkt im Zentrum der Altstadt. Das ist ein einzigartiger Laden. Es gibt einen sehr schönen Biergarten mit einer großen Auswahl von Craft Beer. Der Name passt ganz gut in diese regnerische Stadt, auch wenn die Bar selbst eher eine bunte Cocktailbar ist.

Für ein richtig gutes Mittagessen sollten Sie am besten die andere Seite des Hafens besuchen. Im „Plassen.“ ist die Atmosphäre richtig nett und entspannt, das Essen sehr hochwertig und kreativ. Die Köche und Köchinnen dort brennen für gutes Essen. Besonders das selbstgebackene Brot ist fantastisch, das wird dann sehr opulent belegt. 

Naturkulisse in Bergen: Der Fløyen

Bergen von oben, Blick auf die Stadt Bergen © Antonia Aust
Der Blick auf die Stadt Bergen ist traumhaft schön.

Wenn der Regen nicht gerade von der Seite kommt, sollte man unbedingt auf den Fløyen steigen. Das ist einer der Hausberge von Bergen und kein Geheimtipp – das steht in jedem Reiseführer. Aber auch Locals nutzen ihn gerne, gehen oben spazieren oder joggen. Meine Freunde und ich nehmen uns auch gerne ein Picknick mit. Man kann entweder nach oben laufen, oder man fährt mit der Fløybahn auf den 400 Meter hohen Berg. Vom Plateau aus bietet sich ein toller Blick über die Stadt, aber auch die vielen Wanderwege ringsherum lohnen einen Besuch.

© Antonia Aust
Mit der Bergbahn Fløibanen geht’s auf den Fløyen.
© Antonia Aust
Auch von hier oben sieht man die hübschen bunten Häuser, die Bergen prägen.
© Antonia Aust
Aber auch anderswo in Bergen sind die Ausblicke phänomenal.

Bryggen in Bergen: Trendquartier und Highlight der Stadt

Bryggen in Bergen, Stadtansicht © Antonia Aust
„Ich kann im Meer schwimmen gehen und am gleichen Tag auf eine Bergspitze steigen, wenn ich das möchte“, sagt Gunvor Rasmussen über ihre Heimatstadt Bergen.

Was zu jedem Bergen-Besuch unbedingt dazugehört, ist das alte Hanseviertel Bryggen. Hier habe ich auch mein Atelier und Geschäft. Es ist ein wunderschönes Stück Stadtgeschichte. Die Bergener:innen haben eine Hassliebe zu diesem Teil der Stadt. Sie möchten die alten Kontorhäuser natürlich erhalten, aber hingehen tun sie nicht – dazu war es ihnen immer zu touristisch. Aber das ändert sich langsam. 

Ich gehöre zu einer Gruppe von Künstler:innen und Shopbetreiber:innen, die sich bemühen, diesen wunderschönen alten Komplex lebendiger zu machen, statt hier nur Souvenirshops unterzubringen. Die soll es natürlich auch geben, aber eben auch Läden wie das „Kaf Kaffe Bryggen“, das kleine Café direkt neben meinem Shop oder der coole Barbershop vorne. Hier ist auch ein Restaurant, das wirklich als Klassiker gelten kann, das „Enhjørningen“, die traditionelle Fischsuppe dort ist fantastisch. 

Diese kompakte Mischung aus Altem und Neuem ist es, was Bergen so interessant und lebenswert macht. Dass ich mein Atelier ausgerechnet hier in Bryggen habe, kann ich immer noch nicht so ganz glauben. Ich bin jetzt genau da angekommen, wo ich immer sein wollte. Die Stadt nochmal dauerhaft zu verlassen, das kann ich mir nicht mehr vorstellen. Hier habe ich alles, was ich brauche.“

© Antonia Aust
Gunvor Rasmussen in ihrem Atelier in Bergen
© Antonia Aust
Die Künstlerin illustriert unter anderem Tiefseegeschöpfe und Monster.
© Antonia Aust
Das Atelier von Gunvor Rasmussen in Bryggen