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Kultur

Chemnitz: Highlights der Kulturhauptstadt 2025

Von der vergessenen Industriestadt zum Highlight europäischer Kultur: Als Kulturhauptstadt Europas will Chemnitz 2025 in die Fußstapfen von Städten wie Weimar, Liverpool oder Krakau treten. Was steht auf dem Programm und wie ist der Stand?

Datum 19.01.2024

Groß war der Jubel in Chemnitz, als es 2020 den Zuschlag zur Kulturhauptstadt Europas 2025 erhielt. Andernorts rieb sich mancher verwundert die Augen: Chemnitz? Kulturhauptstadt? Für viele steht das einstige Karl-Marx-Stadt eher für Ost-Tristesse, Überalterung, Industrie und Rechtsextreme. 

Doch wer den zweiten Blick wagt, für den will die Stadt unter dem Motto „C the Unseen“ Verborgenes sichtbar machen, Machertradition unter Beweis stellen und mit verschiedensten Kulturangeboten überzeugen. Bis zur Eröffnung ist noch genau ein Jahr Zeit. Doch schon 2024 sorgt Chemnitz für Aufmerksamkeit. Was steht an in der künftigen Kulturhauptstadt?

Kulturhauptstadt Chemnitz: Große Eröffnung geplant

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Das Lichterfestival Chemnitz bietet einen Vorgeschmack auf das Programm im Jahr 2025. Hier zu sehen: die erleuchtete Karl-Marx-Statue.

Der Termin für die Eröffnungsfeier steht bereits fest: 18. Januar 2025. Dann fällt der Startschuss für das Kulturhauptstadtjahr. Zum Programm an dem Wochenende will der künstlerische Leiter Stefan Schmidtke noch keine Details preisgeben. Aber er verspricht: „Das wird ein großes Happening für die ganze Stadt.“ 

Bei der Feier werde an verschiedenen Orten und Plätzen die Geschichte von „C the Unseen“ erzählt und das Ungesehene sichtbar gemacht, erklärt Schmidtke (C steht auf Autokennzeichen für Chemnitz, im Englischen auch für das Wort „see“). Die Eröffnung werde ein kostenloses Kulturerlebnis für alle. Im gesamten Kulturhauptstadtjahr wird mit rund zwei Millionen Besucher:innen gerechnet.

Was ist 2025 in Chemnitz los?

Das endgültige Programm wird im Oktober präsentiert, aber Etliches ist schon bekannt. Zu den Leuchtturmprojekten zählt der „Purple Path“, ein Kunst- und Skulpturenpfad, der Chemnitz mit mehr als 30 Orten im Umland verbindet. Präsentiert werden dort Arbeiten sowohl international anerkannter Künstler:innen, als auch von Kunstschaffenden aus der Region. Dazu zählen Tony Cragg, Olaf Holzapfel, James Turrell, Christina Doll und Jana Gunstheimer. Ein anderes Projekt widmet sich Garagen als versteckte kreative Orte. Und mit dem „European Peace Ride“ (EPR) wird, angelehnt an die frühere Internationale Friedensfahrt, die Sportkultur gefeiert.

2025 soll auch das Elternhaus des Malers Karl Schmidt-Rottluff als neues Museum öffnen. Die Kunstsammlungen der Stadt planen eine große Schau zum norwegischen Maler Edvard Munch und Museen in Chemnitz und dem Umland wollen in einem „Museum Circle“ nach dem Konzept des Avantgarde-Künstlers John Cage ihre Schätze präsentieren.

Weitere Flagship-Projekte der Kulturhauptstadt Chemnitz finden Sie hier.

Chemnitz im Jahr 2024: Vorgeschmack auf das Kulturjahr

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Vor dem Rathaus Chemnitz wehen Fahnen, die für das Kulturjahr werben.

Kulturinteressierte müssen aber nicht bis 2025 warten - vielmehr soll die Kulturhauptstadt dieses Jahr schon deutlich sichtbarer werden, wie Schmidtke betont. Dazu wird im Frühjahr die Zentrale eingeweiht - in einer früheren Lokomotiven-Fabrik. Sie wird künftig auch als Besucherzentrum dienen. Am „Purple Path“ sollen im Jahresverlauf 20 weitere Kunstwerke installiert werden; der „European Peace Ride“ startet im September in Bad Ischl in Österreich – eine der Kulturhauptstädte 2024 – und bringt den Staffelstab per Fahrrad nach Chemnitz.

Im Juni ist eine Neuauflage des Festivals „Kosmos“ – hervorgegangen aus dem Protest gegen Rechts im Spätsommer 2018 – geplant und im Herbst leiten erste Ausstellungen ins Kulturhauptstadtjahr über. Dazu gehört die Schau „Reform of Life“ zum Jugendstil-Künstler Henry van de Velde und Reformbewegungen in der Kunst 1880 bis 1930 sowie eine Ausstellung zum Bergbau und seinen Auswirkungen auf Kultur und Brauchtum.

Defizite: Schlechte Anbindung nach Chemnitz, mangelnde Kommunikation

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Mit einem bunten Kulturprogramm will die Stadt Chemnitz das Kulturjahr 2025 bestreiten.

Doch der anfängliche Jubel über den Titel war zwischenzeitlich bei vielen Beteiligten in Frustration umgeschlagen. Häufig wurden mangelnde Kommunikation und zu wenig Einbindung der Menschen vor Ort beklagt. Bei einem Leuchtturmprojekt, der Europäischen Parade der Apfelbäume, wurde voriges Jahr die Reißleine gezogen und das Projekt anders aufgesetzt – ohne die bisherige Kuratorin. Das sei schmerzlich gewesen, räumt Schmidtke ein. Er hatte schon Anfang 2023 von einem „neuralgischen Jahr“ auf dem Weg zur Kulturhauptstadt gesprochen.

Verbesserungsbedarf hatten auch Expert:innen der Europäischen Kommission im Sommer in einem Bericht angemahnt. Dabei wurden etwa Defizite in Projektmanagement und Kommunikation moniert. Auch müsse mehr daran gearbeitet werden, was das Vermächtnis von Chemnitz 2025 sein werde.

„Wir haben einen guten Vorbereitungsstand, gleichwohl gibt es immer noch viel zu tun“, konstatiert Oberbürgermeister Sven Schulze (SPD). Er bewertet die Situation mit einer 2 als Schulnote. Ein Ärgernis bleibt für ihn die schlechte Anbindung an den Fernverkehr der Deutschen Bahn. Auch in Sachen Mehrsprachigkeit könne man sich mit Blick auf die internationalen Gäste noch verbessern. Es müsse viel mehr zweisprachige Beschilderungen und Angebote geben, beispielsweise bei Speisekarten oder Info-Materialien.

Internationale Bekanntheit für Chemnitz

Eines ist schon jetzt klar: Mit dem Kulturhauptstadt-Titel hat die Stadt überregional positiv Aufmerksamkeit gewonnen. Denn mit 250.000 Einwohnern ist sie zwar die viertgrößte Stadt im Osten Deutschlands, steht aber meist im Schatten der Landeshauptstädte und des boomenden Leipzig. Im Sommer hat das Magazin „Weltkunst“ die Kulturhauptstadt 2025 zum Anlass für ein Sonderheft über Chemnitz genommen. Die „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ hatte ein Jahr zuvor unter der Überschrift „Die wahre Documenta“ berichtet. Das ZDF schickte im Frühjahr 2023 ein Team vier Wochen in die Stadt, um für verschiedene Sendungen zu berichten: vom „Heute Journal“ bis zu „Volle Kanne“.

„Es werden viele Gäste zu uns kommen, die sonst nie nach Chemnitz gekommen wären“, freut sich Oberbürgermeister Schulze auf das Kulturhauptstadtjahr. „Künftig wird der Blick von außen auf Chemnitz sehr viel positiver und breitgefächerter sein als bisher.“

- dpa

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