Saarbrückens Museum ist ein mehrfaches Meisterstück

Die Moderne Galerie, das große staatliche Kunsthaus in Saarbrücken, stand jahrelang im Zentrum eines handfesten Skandals – und endete als genialer Wurf. Dass die bedeutende Sammlung mehr Platz brauchte, war klar. Der geplante Erweiterungsbau drohte, das vorhandene Ensemble ins Abseits zu drängen. Und er entwickelte sich zum finanziellen und politischen Desaster, das sogar mit dem Drama um Hamburgs Elbphilharmonie verglichen wurde. Acht Jahre Querelen und 39 Millionen Euro kostete er.
Was den Besucher seit der Neueröffnung im November 2017 erwartet, gilt aber als Meisterwerk der Museumsarchitektur. Und nicht nur das: Er ist auch ein Zeichen der Diplomatie, der Versöhnung und der Fähigkeit zur Selbstkritik. Ein mehrfaches Meisterstück also.
Kritik als Kunst-Installation

„Das Museum thematisiert seine eigene Geschichte“, sagt Roland Mönig, der mitten in der Skandalphase Direktor der Modernen Galerie wurde. Als er antrat, herrschte seit Monaten Baustopp. Zum neuen Konzept gehörte die Idee, Zitate aus dem heftigen Streit um das alte Konzept („ein autistischer Bau...“) als Kunst-Installation einzubeziehen. Inzwischen sind, wie bei der Elbphilharmonie, fast alle froh über das Ergebnis.
Marc, Beckmann, Kirchner
Die Moderne Galerie, 50 Jahre alt, ist Saarbrückens Haus für Moderne Kunst, das wie die Alte Sammlung, das Museum für Vor- und Frühgeschichte und das Museum in der Schlosskirche zum Saarlandmuseum gehört. Im Neubau gibt es nun auch zeitgenössische Werke zu sehen. Viel Platz hat nun auch das Restaurant Schönecker, das nach dem Architekten des Museums benannt ist und auch abends geöffnet hat.
Gründungsdirektor Rudolf Bornschein hatte ein seltenes Talent, nicht nur schnell sehr viele Skulpturen und Gemälde zu erwerben, sondern vor allem solche, deren Wert weit über den nominellen hinausgeht: das „Blaue Pferdchen“ von Franz Marc, das zur Ikone des Hauses wurde, die „Messingstadt“ von Max Beckmann oder „Badende im Raum“ von Ernst Ludwig Kirchner.
Objekte von enormer Dynamik

Roland Mönig führt durch die Dauerausstellung, die mit der Kunstbewegung des Informel beginnt und über den Surrealismus zum Kubismus führt. Er zeigt Räume, in denen nichts den Blick von Gemälden und Skulpturen ablenkt. Dann geht es eine Rampe hinunter, auf eine breite Fensterfront zu, durch die der Blick auf den Skulpturengarten und die Saar dahinter fällt. „Draußen und drinnen sind immer im Dialog, und es gibt überall im Haus tolle Durchblicke und Bezüge“, sagt Mönig.
Im Erdgeschoss des dritten Pavillons stehen 15 Objekte auf ihren Sockeln, alle von enormer Dynamik, wie mitten in einer schwungvollen Bewegung eingefroren. Diese Skulpturen sind einer der großen Schätze des Hauses: Werke des Bildhauers Alexander Archipenko, der dem Museum aus Verbundenheit mit Rudolf Bornschein und dem Haus einen Teil seines Nachlasses vermachte.
Alte Sammlung am Schlossplatz
Rund 1500 Quadratmeter Ausstellungsfläche sind hinzugekommen, die Räume im Erweiterungsbau sind höher, Großformatiges von Künstlern wie Jonathan Meese oder Arnulf Rainer hat dort Platz. Ganz oben bespielt Michael Riedel einen Raum mit einer Installation. Und aus jeder Etage kann man von Balkonen ins Atrium blicken, das immer für rund ein Jahr von wechselnden Künstlern gestaltet wird.
Zum Verbund der Saarbrücker Museen gehört auch die Alte Sammlung, sie reicht von Mittelalter und Renaissance bis ins 19. Jahrhundert. Die Alte Sammlung wird am Saarbrücker Schlossplatz im Kreisständehaus und in der Schlosskirche präsentiert, die Gebäude sind durch einen Glastrakt miteinander verbundenen.
Bismarckstr. 11-15
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